In Rio 2016 hat sich Bolt zum letzten Mal olympisch in seine berühmte Blitzpose geworfen. Nun kehrt er der Laufbahn endgültig den Rücken.

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Bolt ist "bereit, loszulegen!"

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Doch die Konkurrenz sitzt dem elfmaligen Weltmeister im Nacken.

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"Ich will als Gewinner abtreten"

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Bei der Leichtathletik-WM in London dreht sich alles um den Abschied von Usain Bolt, der fast zehn Jahre lang dominiert hat. Doch es wird spannend, ein Sextett sprintete heuer schneller als der Jamaikaner. Österreich stellt ein kleines, feines Team.

Man hat Usain Bolt schon ausgelassener erlebt. Der schnellste Mann dieser Welt hat mit einer Pressekonferenz in London quasi die 16. Leichtathletik-WM eröffnet. Offiziell geht es erst am Freitag los, ebenfalls mit Bolt, der in den Vorläufen über 100 Meter (Finale am Samstag) anzutreten hat. Der Jamaikaner, der am 21. August 31 Jahre alt wird, will "natürlich auch hier ungeschlagen bleiben". Aktuell hält er bei elf WM-Titeln, beginnend mit Berlin 2009 hat er – mit einer Ausnahme – bei jeder WM gewonnen, was es für ihn zu gewinnen gibt, Gold über 100 und 200 Meter und mit der Sprintstaffel. Die eine Ausnahme ist der Hunderter bei der WM 2011 in Daegu, Südkorea, wo ihm ein Fehlstart unterlief.

Bolt hat wie kaum ein Leichtathlet vor ihm die Massen in seinen Bann gezogen. Gewinnendes Wesen mit gewinnendem Wesen. Die Rekorde purzelten vor allem zu Beginn. Bei den Olympischen Spielen in Peking gewann er mit riesigem Vorsprung über 100 (9,69 Sekunden) sowie über 200 Meter, da verbesserte er die Bestmarke des US-Amerikaners Michael Johnson um 0,12 auf 19,30 Sekunden. Auch Jamaikas Staffel kam als erste ins Ziel, dieser Olympiasieg galt aber nur bis Jänner 2017. Da wurde nicht nur dem nachträglich des Dopings überführten Nesta Carter, sondern eben auch seinen Kollegen der Titel aberkannt. Sei's drum, bei der WM 2009 in Berlin nützte Bolt noch zulässigen Rückenwind zu den zwei heute gültigen Weltrekorden – 9,58 und 19,19 Sekunden.

Apropos Doping. Da kursierte jüngst eine bemerkenswerte Statistik. Von den dreißig flottesten 100-m-Zeiten wurden 21 von Läufern erzielt, die zuvor oder hernach wegen Dopings belangt worden sind. Die neun Zeiten, die übrigbleiben, gehen allesamt auf die Kappe von Usain Bolt. Kein Wunder, dass sich auch um ihn und seine wunderbaren Leistungen die Gerüchte nur so ranken, nicht erst, seit sein Staffelkollege Carter aufflog, und nicht erst seit seinem WM-Fehlstart 2011, der die Fachwelt verblüffte.

Ob sich ehemalige oder aktuelle Spitzenfunktionäre des Leichtathletikweltverbands (IAAF) je dem Vorwurf ausgesetzt sehen, sie hätten ihre Hand schützend über den Superstar gehalten, bleibt abzuwarten. Bolt selbst war klarerweise immer bemüht, den Eindruck zu vermitteln, seine Überlegenheit wäre seinem Talent, hartem Training, tollen körperlichen Voraussetzungen (1,95 m, 95 kg) und dem Verzehr der jamaikanischen Kartoffel-Yamswurzel (Dioscorea batata) geschuldet. IAAF-Präsident Sebastian Coe vergleicht Bolt mit Muhammad Ali. "Ich habe der Welt bewiesen, dass ich der Größte bin", tönte der Jamaikaner denn auch vor einem Jahr in Rio, wo er alle drei Goldenen abgeräumt hatte – wie vier Jahre zuvor in London.

Keine gemähte Wiese

Dorthin kehrt er nun zurück, dort fällt der letzte Vorhang für den Blitz. Es könnte spannend werden. Bolt hat sich heuer nicht leicht getan, hatte wieder einmal Rückenprobleme, derentwegen er in München den früheren Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt konsultierte. Die 9,95 Sekunden, die er am 21. Juli in Monaco erzielt hat, bedeuten nur die elfte Zeit in der Jahresbestenliste, ein Sextett sprintete in diesem Jahr schneller als Bolt, allen voran der 21-jährige US-Amerikaner Christian Coleman (9,82). Bolt wird nach den 100 Metern nur noch Staffel laufen, die 200 Meter lässt er diesmal aus.

Im ewigen Freiluft-WM-Medaillenspiegel würde Bolt mit elfmal Gold und zweimal Silber als Solist an der 15. Stelle liegen. Österreich liegt auf Platz 74, dank Stephanie Graf (800 m), die 2001 Silber, und dank Sigrid Kirchmann (Hochsprung), die 1993 Bronze holte. Es wäre eine Überraschung, würde sich daran etwas ändern. Allerdings ist Lukas Weißhaidinger, dem Olympia-Sechsten im Diskuswurf, und Ivona Dadic, der EM-Dritten und Hallen-EM-Zweiten, im Siebenkampf einiges zuzutrauen. Das kleine, feine Team wird von Verena Preiner (Siebenkampf), Valentin Pfeil (Marathon) und Dominik Distelberger (Zehnkampf) komplettiert. (Fritz Neumann aus London, 2.8.2017)