Leeds – Er ist vermutlich der am ausführlichsten beobachtete Eisberg der Geschichte: Am 12. Juli hat sich der etwa 5.800 Quadratkilometer große Brocken A-68 vom Larsen-C-Schelfeis an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel gelöst. Schon zuvor hatten Wissenschafter über viele Monate hinweg mitverfolgt, wie ein immer länger werdender Riss etwa zehn Prozent des Schelfeises abtrennte, um einen neuen Rieseneisberg zu bilden – mit der Loslösung ist dieser aber noch lange nicht aus dem Interesse der Forscher gerückt.

Was angesichts der Dimensionen des Eisbergs wie ein schmaler Spalt aussieht, ist in Wirklichkeit ein bereits bis zu fünf Kilometer breiter Meeresarm.
Foto: A. Fleming, British Antarctic Survey

Auf aktuellen Bildern der Sentinel-1-Satelliten der Esa ist zu sehen, wie sich A-68 in glazialer Geschwindigkeit vom Schelf entfernt. Mittlerweile klafft eine bis zu fünf Kilometer breite Lücke zwischen den beiden Eismassen. Es wird vermutet, dass der Eisberg heuer noch in Richtung der Inselgruppe Südgeorgien 1.400 Kilometer vor der Ostküste Südamerikas driften wird.

Und der Riese ist auf seinem langsamen Weg Richtung Norden nicht mehr allein: Er wird inzwischen von einer Flottille aus mindestens elf kleineren Eisbergen begleitet. "Klein" ist dabei relativ: Der größte unter ihnen ist immer noch 13 Kilometer lang. Laut einem Forscherteam um Anna Hogg von der Universität Leeds und Hilmar Gudmundsson vom British Antarctic Suvey sind diese Begleiter teils vom Riesen selbst, teils aber auch vom restlichen Schelfeis abgebrochen.

Laut Hogg herrscht in Larsen-C auch nach dem Abbrechen des Giganten immer noch reichlich Dynamik. Es wurden weitere Risse festgestellt, und diese bewegen sich auf eine Bawden Ice Rise benannte Formation zu, die wichtig für die strukturelle Stabilität des Schelfeises ist. Die Forscherin befürchtet eine weitere Destabilisierung: "Es sieht danach aus, dass die Geschichte von Larsen-C noch nicht vorbei ist." (jdo, 2.8.2017)

Vor dem Loslösen des Giganten bildete sich ein Netzwerk von Rissen im Schelfeis, von dessen Resten immer noch Aktivität ausgeht.
Foto: A.E. Hogg, CPOM, University of Leeds