Ankara/Wien – Es soll die kürzeste Sitzung eines Obersten Militärrats gewesen sein, die die türkische Republik erlebt hat. Innerhalb von vier Stunden spulte Regierungschef Binali Yildirim am Mittwoch die Tagesordnung ab. Danach hatten Generäle und Minister noch ausreichend Zeit, um sich für das Abendessen im Präsidentenpalast bei dem Mann frischzumachen, der nun auch in der Armee alles entscheidet: Tayyip Erdogan.

Wie schon im vergangenen Jahr, in den Tagen nach dem vereitelten Putsch, fand die wichtigste Militärsitzung nicht mehr im Gebäude der Armeeführung in Ankara statt, sondern im Sitz des Premiers. 2016 war das auch eine Vorsichtsmaßnahme. Die gewählte Regierung traute der Armee nicht, ein zweiter Putschversuch war immer noch denkbar.

Mehr Zivilisten

Dieses Jahr markierte die Sitzung des YAS, wie der Oberste Militärrat im Türkischen abgekürzt heißt, einmal mehr die Vormacht der zivilen Regierung über die Generäle. Am Konferenztisch waren die Herren mit den Schulterstücken ohnehin schon in der Minderzahl. Armeechef Hulusi Akar und den Kommandanten der drei Streitkräfte saßen zehn Zivilisten gegenüber. Seit der Neuorganisation des YAS nach dem Putsch nehmen auch der Justizminister und alle Vizepremiers teil.

Die diesjährige Sitzung des Militärrats war mit besonderer Spannung erwartet worden. Die Frage war, ob sich Staatschef Erdogan für Loyalität oder Normalität entscheiden würde. Am Ende war es beides: Armeechef Hulusi Akar wurde für zwei weitere Jahre im Amt belassen; dafür wurden die Befehlshaber von Land- und Luftstreitkräften sowie der Marine abgelöst, was nach zwei Jahren das übliche Verfahren an der Spitze der türkischen Armee ist.

Rätsel über loyalen General

Akar und die drei Befehlshaber waren bei der YAS-Sitzung 2015 ernannt und von dem Putsch im folgenden Jahr augenscheinlich überrascht worden. Die aufsteigende Figur war damals Ümit Dündar, der Kommandant der Ersten Armee. Dündar hatte sich in der Putschnacht rasch auf die Seite der Regierung gestellt; Einheiten seiner Armee befreiten den Atatürk-Flughafen in Istanbul von den Putschisten, was Erdogans Landung ermöglichte. Dündar wurde daraufhin zum stellvertretenden Armeechef ernannt.

Was nun aus dem 62-Jährigen wurde, war auch am Abend nach der YAS-Sitzung noch unklar. Erste Berichte, dass Dündar neuer Befehlshaber der türkischen Landstreitkräfte würde, wurden dementiert. Berichtet wurde über seine Versetzung zum Kommandanten der Gendarmerie, aber auch über die Fortsetzung seines Amts als Vize-Armeechef. (Markus Bernath, 2.8.2017)