Wien – Kaum ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wieder gegen Volkswagen, Bosch und deren Manager, kommt eine neue Strafanzeige. Es geht erneut um den Vorwurf manipulierter Abgasmessungen und um das vorige Woche aufgepoppte Autokartell, dem Daimler und Volkswagen angehört haben sollen. Beide Konzerne haben sich bezüglich unerlaubter Absprachen selbst angezeigt und die EU-Wettbewerbskommission ermittelt – der STANDARD berichtete.

Eingebracht wurde die neue Sachverhaltsdarstellung von Peter Pilz und Peter Kolba, dem langjährigen Chefjuristen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), der im Frühjahr vom VKI ausgeschieden ist. "Unrecht darf sich nicht lohnen", sagte Kolba am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Die großen deutschen Autobauer hätten sich in technischen Fragen abgesprochen – zum Nachteil von Konsumenten und Umwelt. Es bestehe Verdacht, das sie dreifach geschädigt wurden: durch eine Manipulationssoftware, die nur reinigt, wenn der Wagen auf dem Prüfstand fährt. Durch Manipulationshardware in Form zu kleiner Harnstofftanks, die eine dauernde Katalysatorleistung gar nicht zulasse. Und das sogenannte Thermofenster, das dazu führt, dass die Abgasreinigung nur zwischen 15 und 30 Grad voll arbeitet. Darüber und darunter stoßen zahlreiche Dieselmodelle deutlich mehr hochgiftige Stickoxide aus, rechnet der auf den VW-Skandal spezialisierte Linzer Rechtsanwalt Michael Poduschka.

Abseits der vom VKI und Kolbas Verein "Cobit Claims" angestrengten Sammelverfahren (dem VKI schlossen sich 28.000 Fahrzeughalter an) hat auch die neue Anzeige ein Ziel: Die Verjährung, die drei Jahre nach Bekanntwerden des Schadens schlagend wird, aufzuhalten. Das ist – im Gegensatz zu deutschem Recht – in Österreich durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen der Fall – sofern sich potenziell Geschädigte dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben. Darüber hinaus will man die Konzerne um "Unrechtsgewinne" erleichtern, die sie im Wege der Abgasmanipulationen eingestreift hätten. Viel Zeit bleibt nicht: Der von VW bzw. Porsche Austria gewährte Verjährungsverzicht läuft Ende 2017 aus.

Werden die Autobauer von der Politik nicht verpflichtet, auch ältere Dieselmodelle umzurüsten, was sich abzeichnet, droht den Fahrzeughaltern Wertverlust beim Wiederverkauf, warnt Poduschka. "In Österreich zeigten 17 Messstellen dauernd erhöhte Werte an, Fahrverbote seien daher eine Frage der Zeit. (ung)

(ung,2.8.2017)