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Hohe Temperaturen sind schweißtreibend – für Ältere aber auch gefährlich.

foto: epa/silvi

Wien – Die Hundstage sind für die 92-jährige, alleinstehende Hannelore W. (Name der Redaktion bekannt) Katastrophentage. Schuld daran ist ihre Wohnsituation. Die körperlich mobile Frau, die als einzigen Tribut an das Alter schlecht sieht, lebt im obersten Stock eines Gründerzeithauses in Wien. Das Haus überragt das gegenüberliegende Gebäude, sodass es ab Sonnenaufgang voll auf W.s Fenster brennt. In der Wohnung ist es Tag und Nacht unerträglich heiß.

Hannelore W. hätte sich daher gern ein Klimagerät angeschafft. Doch die Stromleitungen in ihrer Wohnung sind dazu zu schwach. Um Außenjalousien anzubringen, die die Hitze tagsüber am Eindringen hindern, müsste sie erst das Okay des Hauseigentümers einholen. Daher nimmt sie mit einem Ventilator vorlieb – und sucht nach Möglichkeiten vorübergehender Hitzeflucht. In ein Hotel mit Klimaanlage, um sich für die heißesten Tage einzumieten. Oder, besser, ins Umland, in eine Pension – in der Hoffnung, dass es dort abends abkühle. Der Aufenthalt in der eigenen Wohnung gehe, wenn es heiß wird, an ihre Substanz, sagt sie.

70.000 Hitzetote 2003 in Europa

Damit bestätigt die hochbetagte Frau im eigenen Fall, was Experten im Allgemeinen wissen: Für alte und geschwächte Menschen sind Hitzewellen gesundheitlich gefährlich. Laut einer im Auftrag der EU durchgeführten Studie über die Hitzewelle in weiten Teilen Europas im August 2003 ("Report on excess mortality in Europe during summer 2003") starben aufgrund der extremen Temperaturen insgesamt 70.000 Menschen

In Frankreich stieg die Mortalitätsrate bei über 65-Jährigen um 9,5 Prozent, bei über 85-Jährigen um 26,8 Prozent, bei über 95-Jährigen um 46 Prozent. Viele der Toten hatten in ihren letzten Lebenstagen keine oder nur minimale soziale Einbindung. Niemand kontaktierte sie und erkannte die Lebensgefahr. Viele waren arm.

Abhilfe erst in Diskussion

Für Hitzeperioden, die künftig laut allen Prognosen häufiger sein werden, müsse man daher vorbeugen, fordern Umweltschutzexperten und Raumplaner. Doch international diskutierte Ideen wie die Schaffung von Aufenthaltsalternativen für Hitzegefährdete – etwa in Containern mit Beschattung und Wasseranschluss – befinden sich in Österreich noch im Diskussionsstadium.

Im heurigen Juni in Kraft getreten ist indes der "gesamtstaatliche Hitzeschutzplan" des Gesundheitsministeriums. Er regelt, wie die Bundesländer im Fall von Hitzewarnung Bevölkerung, Spitäler und Pflegeeinrichtungen zu benachrichtigen haben. Ab 2018 soll er bundesweit zur Anwendung kommen. (Irene Brickner, 3.8.2017)