Berlin –Der deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir hat VW-Chef Matthias Müller wegen seiner Verweigerungshaltung gegen Umrüstungen von Dieselautos zur Schadstoffminderung, sogenannten Hardware-Lösungen, scharf kritisiert. "Das grenzt schon an eine Unverschämtheit", sagte Ödemir dem Deutschlandfunk am Donnerstag. Er bezog sich auf Äußerungen von Müller nach dem Dieselgipfel in Berlin.

"Offensichtlich hat er den Schuss nicht gehört", sagte Özdemir. Offenbar glaubten Teile der Branche immer noch, billig davonkommen zu können bei der Diesel-Abgasreinigung. Was beim Diesel-Abgasskandal vereinbart worden sei, reiche jedenfalls nicht aus, sagte Özdemir.

Verpasste Chance

Der Gipfel habe die Chance verpasst, wirklich etwas für bessere Luft in den Städten zu tun, sagte der Politiker. Das Instrument der Fahrverbote in Städten "steht nach wie vor auf der Tagesordnung". Wenn die zugesagten Software-Updates eine NOx-Minderung von 25 bis 30 Prozent bringen sollen, dann sei das zu wenig. "Wir brauchen mindestens 50 Prozent", forderte Özdemir. Das sei möglich, erfordere aber teure Nachrüstungen, welche die Industrie zu vermeiden suche. Dazu müsse sie verpflichtet werden. "Nur mit Freiwilligkeit ... werden wir die Automobilindustrie vor die Wand fahren." Generell stehe die deutsche Branche vor einem "Fukushima-Moment". Nötig sei die Umorientierung auf schadstofffreie Antriebsarten.

Beim Dieselgipfel hatte sich die Industrie als Sofortmaßnahme auf Software-Updates bei jüngeren Diesel-Fahrzeugen verpflichtet, um für eine bessere Abgasreinigung zu schaffen. Zudem wollen die Hersteller Prämien für den Umstieg von alten, "dreckigen" Diesel-Autos auf umweltschonendere zahlen.

Maas: "Ein erster Schritt"

Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) schließt auch nach den Vereinbarungen des Diesel-Gipfels Fahrverbote nicht aus. "Die gesetzlichen Vorgaben zur Luftreinhaltung gelten", sagte Maas der "Bild"-Zeitung (Donnerstagsausgabe). Für die Automobilindustrie bedeute das, sie sei mehr denn je in der Pflicht, Schadstoffe zu reduzieren und die Umwelt zu entlasten.

Dies müsse schnell, gesetzestreu, technisch sauber und transparent erfolgen. Der Diesel-Gipfel sei "ein erster Schritt in die richtige Richtung" gewesen, sagte Maas dem Blatt. Jetzt beginne für die Automobilindustrie die "Bewährungszeit". Weitere Maßnahmen müssten folgen.

Die deutschen Auto-Hersteller hatten bei dem Gipfel am Mittwoch zugesagt, insgesamt rund fünf Millionen Dieselautos mit einem Software-Update auszurüsten. Mit den kostenlosen Updates für Modelle mit den Abgasgrenzwerten Euro 5 und Euro 6 soll der Schadstoffausstoß gesenkt werden. Nach den Forderungen von Bund und Ländern in Deutschland soll damit bis Ende 2018 eine Reduktion der Stickstoff-Emissionen um 30 Prozent erreicht werden. (APA, AFP, 3.8.2017)