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AfD-Spitzenkandidat Marcus Pretzell bei einem Auftritt zur Wahl in Nordrhein-Westfalen.

Foto: AP

Am 24. September wird in Deutschland ein neues Parlament (Bundestag) gewählt. In den Umfragen liegt derzeit die CDU/CSU mit rund 40 Prozent klar vor der SPD, die knapp über 20 kommt. Kleinere Parteien – die Grünen, die FPD, die Linke und die AfD werden im letzten "Stern"-RTL-Wahltrend gleichauf bei acht Prozent geführt.

Wahlprogramm im Onlineshop

Die rechtspopulistische AfD, bisher schon kreativ in der Beschaffung von Geldmitteln, hat nun eine neue Plattform entdeckt, um das eigene Budget zu steigern: Amazon. Für knapp drei Euro wurde vor wenigen Tagen das eigene Wahlprogramm in ausführlicher Fassung als Kindle-E-Book in den Katalog des amerikanischen E-Commerce-Riesen gestellt.

Das "Programm für Deutschland" blieb freilich auch Kritikern der Partei nicht verborgen. Das Werk, dessen Preis mittlerweile auf 99 Cent herabgesetzt wurde, wird seitdem mit allerlei süffisanten bis bösartigen Rezensionen eingedeckt. Doch auch die Unterstützer der Partei mischen nun mit.

NS-Vergleiche, "schlechter Endwelt-Roman"

"Billige Kopie" titelt die erste "Top-Kundenrezension", in welcher das Programm einen von maximal fünf Sternen erhält. Der Autor "Mevolon18" befindet: "Ich fand das Original 'Mein Kampf' deutlich unterhaltsamer, das ist ein schlechtes Plagiat. Desweiteren wurde dieses noch nicht mal verboten, das kann ja nur langweilig sein."

In dieselbe Kerbe schlägt auch "Schön Bunt Hier". Er bemängelt, dass auf seinem Gerät die vorausgesetzte Schriftart "Fraktur" nicht vorhanden war und die Systemzeit unwiderruflich auf das Jahr 1933 zurückgesetzt wurde. Zudem seien auch Werke von Thomas Mann, Erich Kästner und anderen Autoren von seinem Lesegerät verschwunden und es läge ein seltsamer Geruch in der Luft.

In den Rezensionen zum Wahlprogramm E-Book greifen mittlerweile auch vermehrt Unterstützer der Partei ein.
Screenshot: Amazon.de

Kommentare wie diese ernteten aufgrund der Vergleichsziehung zur NS-Zeit allerdings auch einige kritische Antworten. Andere Nutzer verzichten auf historische Verweise. Ein anonymer Rezensent sieht das Programm als "unglaublich schlechten Endwelt-Roman" mit "ermüdender Handlung". Ein User namens Ronny Diering kritisiert schlicht "Hetze und Angstmache".

Angebot dürfte legal sein

Andere fragen, ob die Partei, die seit dem Einzug in mehrere Landtage auch staatliche Förderung erhält, ihr Wahlprogramm überhaupt verkaufen dürfe.

Nach dem Auftauchen des Werks auf Amazon war zuerst unklar, ob die AfD tatsächlich selber hinter dem Verkauf steckt, oder ob sich Unbekannte einen Scherz erlaubt haben. Gegenüber ze.tt bestätigt die Partei die Vorgehensweise. Das Angebot richtet sich an Menschen, die finanzielle Unterstützung für die "Alternative für Deutschland" leisten wollen.

Ursula Münch, die Leiterin der Akademie für Politische Bildung, stuft das Vorgehen als legal ein. Parteien müssen laut deutscher Rechtslage ein Programm haben, genaue Regelungen für die Veröffentlichung existieren nicht. Und zudem lässt sich das AfD-Programm auch von der Homepage herunterladen.

Rezensionskampf

Mittlerweile finden sich beim Amazon-Angebot (aktuelle Durchschnittsbewertung: 2,5 Sterne) auch einige Einträge, die das Programm loben und insbesondere die NS-Vergleiche kritisieren. Einige Anmerkungen von Unterstützern und Gegnern sind derweil auch schon wieder – wohl infolge von Meldungen und dem Eingreifen von Moderatoren des Onlinehändlers – verschwunden. (gpi, 03.08.2017)

Update, 11:40 Uhr: Amazon hat den Verkauf des Wahlprogramms aktuell gestoppt. Laut Hinweis des Händlers weist die E-Book-Datei "erhebliche Qualitätsmängel" auf.