Infektionen, Übergewicht oder psychischer Stress können zu erhöhten Entzündungswerten führen.

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Berlin – Wissenschafter der Charité Universitätsmedizin Berlin haben herausgefunden, dass erhöhte Entzündungswerte während der Schwangerschaft Veränderungen im Gehirn des Ungeborenen hervorrufen können. Dadurch steigt das Risiko für psychiatrische Erkrankungen, wie es in der im Fachmagazin "Biological Psychiatry* veröffentlichten Studie heißt.

Biologische Veränderungen der Entzündungsparameter während einer Schwangerschaft können mit einer Infektion in Zusammenhang stehen, aber auch mit Übergewicht oder psychischem Stress. Ein möglicher Nebeneffekt: Manche Neugeborenen weisen deshalb eine vergrößerte Amygdalaregion im Gehirn auf, eine Region, die bei emotionalen Bewertungen und dem Wiedererkennen von Situationen eine wichtige Rolle spielt. Zudem beobachteten die Forscher eine veränderte Vernetzung der Amygdala mit anderen Hirnregionen.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter knapp 90 Frauen und das heranwachsende Kind: Insgesamt dreimal wurde eine Ultraschalldiagnostik durchgeführt und biologische Proben entnommen. Zudem befragten die Forscher die werdenden Mütter über ihr psychisches Wohlbefinden.

Mangelnde Impulskontrolle

Innerhalb des ersten Monats nach der Geburt wurden die Gehirne der Kinder während des natürlichen Schlafes mittels Magnetresonanztomographie untersucht. Im Alter von 24 Monaten folgte anhand spielerischer Übungen die Ermittlung der Impulskontrolle der Kinder. "Wir haben festgestellt, dass bei erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen nicht nur neonatale Veränderungen der Amygdala auftraten. Im weiteren Verlauf hat sich gezeigt, dass diese Veränderungen mit einer geringeren Fähigkeit zur Impulskontrolle der jeweiligen Kinder im Alter von zwei Jahren verbunden waren", erklärt Studienleiterin Claudia Buß.

"Wir schließen daraus auf einen Zusammenhang zwischen erhöhten mütterlichen Entzündungswerten und einem erhöhten Risiko für psychiatrische Erkrankungen, die von einer mangelnden Impulskontrolle begleitet werden", ergänzt die Medizinerin.

Aus dem Tiermodell ist bereits bekannt, dass Infektionen und Entzündungen bei trächtigen Tieren zu Veränderungen der Gehirnentwicklung ihrer Nachkommen sowie zu Verhaltensänderungen führen. Auch epidemiologische Studien untermauern die aktuellen Studienergebnisse, wie die Wissenschafter betonen. (red, 3.8.2017)