Eine klare außenpolitische Linie ist unter Donald Trump nicht in Sicht. Seine Einwanderungspläne bezeichnen Kritiker als Abweichen vom "Versprechen" auf der Freiheitsstatue.

Washington/Wien – Nicht zwei, nicht drei, vier oder fünf Fraktionen seien es, die sich dieser Tage heftige Kämpfe im Weißen Haus liefern, sondern mindestens sechs. So beschrieb es kürzlich Maggie Haberman – jene Journalistin der New York Times, die aufgrund ihres Insiderwissens als Lieblingsfeindin des US-Präsidenten gilt, der Donald Trump aber dennoch den größten Respekt entgegenbringt. Haberman ist nicht die Einzige, die von einem regelrechten Krieg spricht, der sich zwischen den Fluren der Macht abspielt. Die hohe Fluktuation, die öffentlich ausgetragenen Dispute haben den für den Präsidenten günstigen Effekt, dass sie die Aufmerksamkeit verschieben:

Hin zu den Personalrochaden, die bereits jetzt Stoff für gleich eine ganze Reihe von Drehbüchern hergeben, aber weg von der realen Politik, die dabei auf der Strecke bleibt. Reince Priebus' Rauswurf zum Beispiel ist in der Art, wie er vonstattenging, einzigartig, da Trump sich entgegen den gängigen Usancen für eine Desavouierung in aller Öffentlichkeit entschieden hat, anstatt ihm einen Abgang in Würde zuzugestehen. Wesentlich schwerer wiegt, dass mit Priebus der letzte Vertreter des Establishments gegangen ist, der politische Erfahrung aufweisen konnte und der darüber hinaus die Verbindungsstelle zu der eigenen Partei war, mit der der Präsident immer mehr über Kreuz liegt.

Russland-Sanktionen

Dass der Präsident zähneknirschend die Russland-Sanktionen mittragen musste, geht etwa auf den Druck der Republikaner zurück. "Nicht erfreut" darüber zeigte sich auch US-Außenminister Rex Tillerson. Er war unter anderem mit dem Vorhaben angetreten, die Beziehungen zu Moskau verbessern zu wollen. Mit den neuen Strafmaßnahmen haben sich diese nicht nur verschlechtert, was Trump dem Kongress zulasten legt. Zu allem Überdruss vergrämten die Amerikaner mit dem Alleingang auch einige europäische Verbündete.

Tillerson quält sich seit Anbeginn mit seinem Job. Zunehmend frustriert zeigt sich der Außenminister, da er in Personalfragen nicht freie Hand hat. Über einen Stellvertreter verfügt er bis heute nicht, seitdem Trumps Chefberater Steve Bannon seinen Wunschkandidaten verhindert hat. Das State Department ist weiterhin auf Leerlauf geschaltet, da jede personelle Frage zu einer für oder gegen Trump interpretiert wird. Jede außenpolitische Entscheidung wird mehr denn je im Weißen Haus getroffen.

Kushner ohne Plan

Die Nahost-Diplomatie etwa bleibt mit Jared Kushner in der Familie. Der Präsident traut seinem Schwiegersohn laut eigenen Aussagen zwar durchaus die Befriedung des jahrzehntealten Konflikts zu, Kushner selbst hingegen zeigt sich von seinen diplomatischen Fähigkeiten weniger überzeugt. Dass die Nahost-Pläne der aktuellen Regierung sich nicht wesentlich von jenen der vorherigen unterscheiden, räumte er neulich selbst ein. Am Ende könne es "vielleicht keine Lösung geben", gestand Kushner ein, wie ein aufgezeichneter Vortrag zeigt.

Bei einer ganzen Reihe außenpolitischer Themen sind die Äußerungen aus dem Weißen Haus nicht mit jenen des Chefdiplomaten Tillerson in Einklang zu bringen. Das galt bei der Einschätzung der Katar-Krise ebenso wie in der Frage des Iran-Deals. Aktuell durchkreuzt der Präsident mit seinen impulsiven Zwischenrufen via Twitter Tillersons Pläne in Sachen Nordkorea. Während der Außenminister sich um, wie er es formuliert, "friedliche Töne" bemüht, heizt Donald Trump nach den beschlossenen Sanktionen gegen Pjöngjang noch einmal die Lage auf, indem er Nordkoreas wichtigste Schutzmacht China immer mehr verprellt. Er sendet gleich zwei Drohungen in Richtung Peking: Einen Handelskrieg bringt er ebenso ins Spiel wie Strafmaßnahmen, sollte China sich weigern, das Kim-Regime zur Räson zu bringen.

"Fassungslose" Berater

Wie sprunghaft und unberechenbar und wie wenig Ergebnis strategischer Planung die Außenpolitik der USA derzeit ist, macht auch ein Treffen zum weiteren Vorgehen der USA in Afghanistan klar, dessen Inhalt am Donnerstag publik wurde: Gänzlich "fassungslos" sollen die Berater dieses verlassen haben, nachdem Trump die Entlassung des US-Oberkommandanten in Afghanistan gefordert haben soll, da die USA den Krieg dort "nicht gewinnen". Schon lange soll Sicherheitsberater H. R. McMaster daran verzweifeln, dass sich Trump schlichtweg nicht für Diskussionen über Afghanistan interessiere. Das Treffen endete mit in einem Schreiduell zwischen Bannon und McMaster. (Anna Giulia Fink, 3.8.2017)