Caracas/Wien – "In Frieden" soll die konstituierende Sitzung der verfassungsgebenden Versammlung ablaufen, so begründet Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro die Verschiebung des Sitzungstermins von Donnerstag auf Freitag – dabei stehen die Zeichen sowohl im In- als auch im Ausland ganz und gar nicht auf Frieden.

Nachdem am Mittwoch von der britischen Firma Smartmatic, die für die Wahlcomputer zuständig war, Vorwürfe einer Wahlmanipulation erhoben wurden, hat die venezolanische Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen die Regierung und die Wahlbehörde eingeleitet. In diesem soll dem Vorwurf nachgegangen werden, rund eine Million Stimmen seien gefälscht worden.

Plötzlicher Anstieg

Für Zweifel sorgt auch ein Bericht von Reuters, laut dem am Wahltag am Sonntag um 17.30 Uhr Ortszeit rund 3,7 Millionen Stimmen abgegeben worden waren. Der Regierung zufolge erfolgte die Schließung der Wahllokale um 19.00 Uhr – und plötzlich waren offiziell 8,1 Millionen Stimmen gezählt. Dass sich die Zahl der Wähler in den letzten eineinhalb Stunden mehr als verdoppelt habe, halten Experten für unwahrscheinlich. Maduro weist diese Vorwürfe vehement zurück und beteuert, die Wahl sei transparent abgelaufen.

International bleibt Maduro heftiger Kritik ausgesetzt. Die EU und die USA wollen die neue Versammlung nicht anerkennen. Sie fordern die Freilassung der führenden Oppositionspolitiker Leopoldo López und Antonio Ledezma, die am Dienstag verhaftet worden waren. Die USA stufen Maduro mittlerweile als Diktator ein und verhängten Sanktionen gegen ihn. In der EU werden mögliche Sanktionen diskutiert.

Für diese Woche haben führende Regierungsgegner zu Protestmärschen aufgerufen. Sie befürchten, dass das neu gewählte Gremium die Möglichkeit nutzen wird, das aktuelle Parlament aufzulösen, in dem die Opposition mit deutlicher Mehrheit vertreten ist. Damit würde ihr eine Machtbasis entzogen werden. (Carla Márquez, 3.8.2017)