Der Grazer Künstler J. M. Leander Davis wohnt in einer ehemaligen Volksschule inmitten von Gemälden und Skulpturen. Es sei nun aber, so sagt er, ein gewisser Sättigungsgrad erreicht – auch was die Möbel betrifft.

"Ich lebe inmitten meiner Kunstwerke. Manche sagen, dass das recht üppig ist, aber mich fördert und beflügelt diese Üppigkeit. Einige dieser Kunstwerke entstammen ganz und gar meinem eigenen Ich, andere wiederum sind Zitate von Künstlern, die ich bewundere – etwa Pablo Picasso, Francis Bacon, Julian Schnabel oder Cy Twombly. Das ist überhaupt mein absoluter Favorit! Besonders gerne habe ich auch den New Yorker Street-Art-Künstler Kaws, von dem ich in jedem Zimmer ein paar kleine Skulpturen habe.

"Ich habe das Gefühl, dass hier vieles nach frühesten Kindheitserinnerungen riecht. Schulmief pur." J. M. Leander Davis in seiner Wohnung, die früher einmal Volksschulklasse war.
Foto: J. J. Kucek

Auch sonst tut sich in der Wohnung recht viel: Es gibt diverse Keramiken sowie griechische und römische Büsten. Klingt zwar abgedroschen, aber antike Kunst bringt's halt immer noch. Daneben gesellen sich Figuren und Büsten aus Star Wars. Das hat schon in Kindheitstagen begonnen, und es hat nie aufgehört. Und nicht zuletzt habe ich ein Ölgemälde vom Leopoldsteinersee an der Wand hängen. Das war irgendwann einmal unten auf der Straße an eine Mülltonne angelehnt. Das hat echt wehgetan. Auch wenn das kitschige Kunst ist, so ist es doch Kunst, die es nicht verdient, auf der Müllhalde zu enden.

Viele sagen: Bilder begleiten einen ein Leben lang. Das sehe ich nicht so. Nach gewisser Zeit hat sich mir ein Bild in seiner Gesamtheit mitgeteilt, dann ist es leer. Ich nehme es von der Wand und ersetze es mit etwas Neuem. Und so ändert sich die Wohnung immer und immer wieder. Insgesamt, würde ich sagen, ist jetzt ein Zustand der maximalen Sättigung erreicht – nicht nur die Kunst, sondern auch die Möbel betreffend. Mehr geht nicht mehr.

Aber ich muss zugeben: Je mehr Sachen dazukommen, je größer die materielle Last wird, desto mehr steigt auch die Sehnsucht, den ganzen Ballast eines Tages wieder abzuwerfen. Insgeheim träume ich von einem reduzierteren Leben mit einem Anzug, einem Paar Schuhe und einem Stück Buch neben dem Bett. Ich weiß nicht, ob ich das durchhalten würde, aber es ist ein Reiz, der mit der Zeit immer größer wird.

Die Wohnung hat 75 Quadratmeter und liegt in Graz-Eggenberg. Ich wohne hier mit meiner Freundin Corinna. Ich habe das große Glück, dass sie meine Kunst sehr schätzt und einen ähnlichen Möbel- und Einrichtungsgeschmack hat wie ich. Das Haus stammt aus dem Jahre 1969 und wurde von den Architekten Günther Domenig und Eilfried Huth geplant. Ursprünglich war das eine Schule, genau genommen eine Pädak mit Volksschule und Kindergarten. Das ist richtiger Brutalismus – mit nackten Betonwänden, schwarzen Gussasphaltböden und überhaupt einer ziemlich massigen, tonnenschweren Anmutung.

2011 wurde das Haus, das sich im Eigentum der Diözese Graz-Seckau befindet, zu Mietwohnungen umgebaut. An den Grundrissen, vor allem aber am Asphaltboden, der wie das ganze Haus unter Denkmalschutz steht, kann man die Konturen der Klassen und die Aufteilung der Schule nachvollziehen. In den Holzstöcken und Fensterrahmen sind noch eingeritzte Namen zu lesen. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass hier vieles nach frühesten Kindheitserinnerungen riecht – Schulmief pur. Das ist ein ganz eigener Charme.

Mein ganz persönliches Highlight ist jedoch, dass sich zwei Stockwerke unter mir, im Keller, mein 100 Quadratmeter großes Atelier befindet. Dort verbringe ich die Zeit inmitten meiner Skulpturen und großformatigen Werke und höre Musik: Klassik, Jazz, Heavy Metal, ab und zu auch Björk, wenn's passt. Das ist eine Welt für sich – mit Acrylduft und flackerndem Neonlicht an der Decke. Außerdem habe ich noch ein Atelier in Ceppaiano in der Nähe von Pisa, wo ich im Sommer ein paar Wochen verbringe. Da übe ich mich dann in Askese, Minimalismus und materieller Abkehr." (Wojciech Czaja, 7.8.2017)