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Nicht weit weg von der Lions Gate Bridge befinden sich die British Properties – dort, wo sich Nachbarn oft nicht kennen.

Foto: Reuters / Chris Helgren

Nur ganz reiche Leute leben in den British Properties in West Vancouver. Villen in diesem Nobelviertel können umgerechnet bis zu zehn Millionen Euro kosten. Dass sich mit diesem Reichtum nicht immer Glück erwerben lässt, kann man in einem brisanten Bericht über Kinder im Vorschulalter lesen: Obwohl Kindergartenkinder in den British Properties im Luxus aufwachsen, hinkt ihre Entwicklung oft hintennach.

Den Kriterien eines Standardindexes zufolge, mit dem in ganz Kanada jedes Jahr die Schulreife gemessen wird, schneiden viele der privilegierten Zöglinge schlecht ab: Für die British Properties wurden 43 Prozent als "gefährdet" eingestuft. Dabei wurden ihre Sprachentwicklung, Gefühlsreife, Sozialisation, Gesundheit und ihr Allgemeinwissen getestet. Vor zehn Jahren waren es in den British Properties noch viermal weniger Kinder gewesen, die als "gefährdet" galten.

"Das ist erstaunlich für diese Wohngegend", sagt Adine Mees von der West Vancouver Community Foundation, eine Stiftung, die den Bericht veröffentlichte. Mees glaubt, dass Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede der Grund für die Defizite der Kinder seien. Zwei von fünf Bewohnern in den British Properties sind wohlhabende Immigranten, etwa aus Südasien, China oder dem Iran, die noch nicht lange in Kanada leben. Diese Neubürger können sich Autos für 200.000 Euro leisten. Viele der Eltern in den British Properties sind beruflich erfolgreich, gut ausgebildet und haben die Mittel, ihre Kinder zu fördern. Und trotzdem geht es diesen in den Tests nicht besser als dem Nachwuchs von armen Immigranten, etwa in Toronto.

Soziale Treffpunkte fehlen

Die Familien in den British Properties leben hinter elektronisch bewachten Toren in feudalen Anwesen auf riesigen Grundstücken. Für ihre Kinder wird dieser Luxus zu einem goldenen Gefängnis. "Die meisten Leute dort kennen ihre Nachbarn nicht", sagt Barbara McMillan, Mitverfasserin des Berichts, "und es gibt nicht viele Orte, wo man Kontakt findet, wie Spielplätze, Gemeindegärten oder sonstige Treffpunkte".

Die British Properties sind begehrt, weil die Häuser in die Hänge des Hollyburn-Bergs gebaut wurden. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht auf den Hafen von Vancouver. Aber die Bewohner seien weit weg von Geschäften und Restaurants, sagt McMillan. Wegen der steilen Lage radelt oder spaziert kaum jemand auf den Straßen zwischen den Millionenbauten. Statt einer öffentlichen Parkanlage gibt es nur einen privaten Country Club.

So fehlt vielen Vorschulkindern der Kontakt mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen außerhalb der Familie. Sie werden nach Hause gefahren und lernen nicht, wie man mit Nachbarskindern spielt, erklärte Nancy Farran, Vorsitzende der West Vancouver Community Foundation, dem kanadischen Magazin Maclean's: "Die Leute fahren nach Hause und bleiben dort." Ihre Kinder sprechen kaum Englisch und verpassen die wichtigen Erfahrungen, die sie zur Einschulung befähigen. Sie stecken in der Wohlstandsfalle. (Bernadette Calonego aus Vancouver, 6.8.2017)