Ivona Dadic hat unter den Siebenkampfübungen keine Lieblingsdisziplin. "Der Siebenkampf ist meine Lieblingsdisziplin." Beim Kugelstoßen achtet sie speziell auf "die Position im Mittelteil des Versuchs".

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Preiner will die WM genießen und sich ihrer Bestmarke nähern.

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"Eigentlich geht es in jeder Disziplin um dasselbe", sagt Ivona Dadic. Es geht darum, möglichst viele Punkte zu sammeln, auf dass am Ende ein gutes Gesamtergebnis herauskommt. Österreichs beste Mehrkämpferin steht vor einem jener Londoner Hotels, in denen die WM-Leichtathleten untergebracht sind, sie beugt sich über ein Geländer hinunter zur Themse, die Tower Bridge liegt einen Steinwurf entfernt. Am Samstag und Sonntag sporteln Dadic (23) und ihre oberösterreichische Landsfrau Verena Preiner (22) noch weiter draußen im Osten der Stadt, im Olympiastadion. Ebenfalls im Einsatz ist Valentin Pfeil im Marathon (Sonntag). Lukas Weißhaidinger warf am Freitag (nach Blattschluss) um die Qualifikation fürs Diskusfinale (Samstag).

Der Reiz

Dadic kennt es schon, das Stadion. Bei den Spielen 2012 hat sie hier als 18-Jährige den 25. Platz belegt. Nun will sie weiter vorne landen, ein neuer Rekord schwebt ihr vor, damit könnte sich ein Top-Ten-Platz ausgehen. Die aktuelle Bestmarke (6408 Punkte) erzielte sie, als sie EM-Bronze 2016 in Amsterdam gewann. Heuer folgte Silber bei der Hallen-EM in Belgrad, Dadic zählt zur erweiterten Weltspitze, der sich auch Preiner, heuer U23-EM-Zweite (6232), und die erst 17-jährige Kärntnerin Sarah Lagger (6083) nähern, die bereits Junioren-Weltmeisterin und heuer U20-EM-Dritte war.

Uneigentlich, führt Dadic im Gespräch mit dem Standard etwas später aus, könnten die Übungen unterschiedlicher kaum sein. "Ich habe", sagt sie, "keine Lieblingsdisziplin. Meine Lieblingsdisziplin ist der Siebenkampf." Und dann beginnt sie zu erklären, was den Reiz jeder einzelnen Übung ausmacht und wo die Schwierigkeiten liegen.

So geht es los

· Hürdensprint: "Ich habe von acht Schritten vor der ersten Hürde auf sieben Schritte umgestellt. Deshalb laufe ich besonders konzentriert auf die Hürden zu. Die Hürden sind wichtig, um mit einem guten Gefühl in den Wettkampf zu starten." Bestleistung: 13,70 Sekunden.

· Hochsprung: "Ich bin technisch besser geworden." Seit zwei Jahren wird Dadic von der Ukrainerin Inha Babakova betreut, die Weltmeisterin 1999 war und insgesamt neun Hochsprung-Medaillen bei Großevents sammelte. Dadic: "Inha hat viel verändert. Das beginnt damit, wie ich mich hinstelle, und mit dem Anlauf. Schritt für Schritt. Bei der Phase der Lattenüberquerung sind wir noch gar nicht richtig angekommen." Bestleistung: 1,87 m.

· Kugelstoß: "Wichtig ist, dass die Position im Mittelteil des Versuchs passt, damit ich die Kugel ordentlich raushauen kann. Da muss das rechte Bein unter dem Körper sein, oft hab' ich es zu weit hinten. Im Training werf' ich oft über 13 Meter, im Wettkampf sollte ein Meter mehr möglich sein." Bestmarke: 14,44 m.

· 200 Meter: "Nicht viel überlegen. Reagieren, wenn der Schuss fällt. Die ersten zwanzig Meter flach bleiben. Möglichst schnell aus der Kurve rauskommen. In meiner Bahn eher innen bleiben, statt nach außen zu kommen." Bestmarke: 23,69 Sekunden.

· Weitsprung: Beginn des zweiten Wettkampftages. Müsste sich Dadic eine Solodisziplin aussuchen, es wäre der Weitsprung. "Im Training nehm' ich maximal zwölf Schritte Anlauf, sonst wäre das zu anstrengend. Im Wettkampf sind es 18 Schritte, also fast 42 Meter. Ich teil' mir den Anlauf in drei Abschnitte auf. Die ersten sechs Schritte sind druckvoll, um Speed aufzubauen. Im Mittelteil behalte ich mit hohen Knien die Geschwindigkeit bei. Und die letzten sechs Schritte sind Rhythmus. Ich nehme möglichst viel Speed über den Balken mit, halte die Beine so lange wie möglich in der Luft und lande so spät wie möglich." Bestmarke: 6,49 Meter.

So geht es dahin

· Speerwurf: Speerwurf? Die schwierigste Disziplin für Dadic. "Wenn man zu sehr anreißt, geht es nicht weit. Abwarten, locker bleiben. Früher hab' ich mich zu sehr auf meinen rechten Arm, den Wurfarm, konzentriert, zu sehr auf die Streckung des Arms geschaut, deshalb andere Details aus den Augen verloren. Man muss die linke Seite festmachen, mit den Beinen landen und erst dann werfen. Wichtig ist, dass das linke Bein beim letzten Schritt gestreckt bleibt, sonst geht Power verloren." Bestmarke: 52,48 Meter.

· 800 Meter: "Da seh' ich, ob ich gut trainiert habe. Wenn nicht, wird es richtig anstrengend. Vieles ist Kopfsache. Und es gibt diese eine Sekunde, die darüber entscheidet, ob man vorn dabeibleibt oder nachlassen muss." Bestmarke: 2:10,67 Minuten.

Das alles muss man erst einmal unter einen Hut bringen, insbesondere im Training. Dadic hat fünf Coaches: Wolfgang Adler (800 m, Weit), Inha Babakova (Hoch), Elisabeth Eberl (Speer), Klaus Moser (Kugel) und Philipp Unfried (Hürdensprint, 200 m), der auch insgesamt koordiniert. Auffällig ist, dass die Siebenkämpferin auf dem Weg zum Rekord keine einzige persönliche Bestmarke fixiert hatte. "Da ist Luft nach oben", sagt Ivona Dadic. "Aber ich bin keine Maschine." (Fritz Neumann aus London, 4.8.2017)