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Robert Mueller hat in der Russland-Affäre eine neue Phase der Untersuchungen eingeleitet.

Foto: AP / J. Scott Applewhite

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Kaum hatte sie die Runde gemacht, griff Michael Moore sie auch schon auf, um Donald Trumps absehbaren Abgang zu prophezeien. "Du berufst keine Grand Jury ein, nur um eine Grand Jury einzuberufen", sagte der Filmemacher, der als Alleinunterhalter gerade seine Broadway-Premiere feiert, vor eintausend Zuschauern im New Yorker Belasco Theatre. "Wenn Robert Mueller eine Grand Jury einsetzt, dann hat er die Ware. Dann hat er Beweise. Beweise für Straftaten."

Mueller, im Mai zum Sonderermittler der Russlandaffäre berufen, soll klären, ob Berater Trumps geheime Absprachen mit dem Kreml trafen, um die US-Präsidentschaftswahl zu beeinflussen. Seit Donnerstagabend berichten zahlreiche US-Medien, dass er sich des Instruments einer Grand Jury bedient, um Verdachtsmomenten auf den Grund zu gehen. Während es in Moores Szenario bedeutet, dass Trump in einen Strudel gerät, aus dem es keine Befreiung gibt, bewerten es Rechtsexperten deutlich zurückhaltender. Zunächst bedeute die Nachricht nur, dass Mueller seine Untersuchungen intensiviere. Wie es ausgehe, darüber sage das alles noch nichts.

Neutral betrachtet, ist die Grand Jury ein Vehikel, dessen sich Ermittler bedienen, um Zeugen zwangsvorzuladen und zu einem bestimmten Fall relevante Informationen zu erhalten. Hinter verschlossenen Türen tagen 23 Geschworene, um Beweismaterial zu sichten und Zeugenaussagen zu hören. Am Ende entscheiden sie, ob Anklage erhoben wird oder nicht. Sicher scheint im Moment nur, dass sie nicht schon nach zwei, drei Monaten wieder nach Hause geschickt werden.

Schatten über den Midterms

Muellers Aufklärungsarbeit dürfte sich bis weit ins nächste Jahr hinziehen, orakelt Robert Ray, ein Anwalt, der weiß, wovon er spricht. Einst war er Assistent Kenneth Starrs, des Sonderermittlers, der nur ein Grundstücksgeschäft Bill und Hillary Clintons unter die Lupe nehmen sollte und Bill Clintons Affäre mit Monica Lewinsky aufrollte. "Ob es noch über 2018 hinausgeht, darüber kann man nur rätseln", sagt Ray. Falls er recht hat, bedeutet es, dass die Russlandaffäre dem Weißen Haus auch noch wie ein Mühlstein am Hals hängt, wenn sich die Republikaner bei den Midterm-Elections anschicken, ihre Mehrheit im Kongress zu verteidigen.

Wen Mueller fürs Erste im Visier hat, haben US-Medien am Freitag ausführlich aufgelistet. Neben Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn und dem ehemaligen Kampagnenmanager Paul Manafort soll auch Donald Trump Junior vorgeladen werden, der älteste Sohn des Präsidenten. Der hatte sich im Juni 2016 mit der russischen Anwältin Natalja Weselnizkaja getroffen, nachdem sie belastendes Material über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte.

Der frühere FBI-Direktor wolle herausfinden, ob es finanzielle Verflechtungen zwischen Trumps Konzern und regierungsnahen russischen Geschäftsleuten gab. Und Gründe, die den heutigen Staatschef zu einer gewissen Dankbarkeit gegenüber dem Kreml verpflichten.

Trump hatte vor Tagen in einem Interview erklärt, wo für ihn die rote Linie verläuft: Überschritten wäre sie, sollte sich Mueller die Finanzen seines Familienbetriebs anschauen. "Die ganze Russlandgeschichte ist eine komplette Erfindung", polterte er am Donnerstag vor Anhängern in West Virginia, bevor er sich in einen 17-tägigen Urlaub verabschiedete. Dass er Mueller am liebsten feuern würde, haben Vertraute schon vor Wochen signalisiert. In den Drehbüchern Washingtons wäre es die nukleare Option, etwas, wovor auch die meisten Republikaner zurückschrecken. Kein Wunder, dass sich ein konservativer Senator, Thom Tillis, mit einem Demokraten, Chris Coons, verbündete, um Warnleuchten aufblinken zu lassen. Nach einer gemeinsamen Gesetzesinitiative müsste erst ein dreiköpfiges Richtergremium entscheiden, ob eine Entlassung Muellers rechtmäßig wäre. (Frank Herrmann aus Washington, 4.8.2017)