Berlin/Rom – Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hat dafür plädiert, aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Libyen zurückzubringen. "Wir müssen dazu kommen, natürlich alle vor dem Ertrinken zu retten, aber sie eher wieder an die afrikanische Küste zurückzubringen", sagte der CSU-Spitzenkandidat für die deutsche Bundestagswahl in einem Interview des Deutschlandfunks.

Dazu liefen aktuell Verhandlungen zwischen Libyen und Italien, so Hermann in dem Interview, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Wenn es dazu komme, müssten in Libyen oder anderen nordafrikanischen Ländern Lager eingerichtet und diese unterstützt werden. "Dann geht es darum, dass es dort genügend zu essen und zu trinken gibt, dass es dort Schuldbildung für die Kinder gibt", sagte Herrmann.

Es sei generell vernünftig, dass jemand, der vor einem Bürgerkrieg fliehe, in der Nähe seiner Heimat Zuflucht finde. "Es ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht unbedingt naheliegend, dass jemand, der vor dem Bürgerkrieg im Irak flieht, nach Deutschland kommt." Die Lage in Libyen sei zwar zweifellos schwierig, es gebe aber noch andere nordafrikanische Staaten. Außerdem stammten die Flüchtlinge überwiegend aus Länder weiter südlich in Afrika. "Insofern müssen wir überall überlegen, wo wir entsprechende Aufnahmecamps schaffen können."

Zur Eindämmung der Flucht über das Mittelmeer hat Italien einen Einsatz seiner Marine vor der libyschen Küste beschlossen. Italien ist derzeit Hauptankunftsland von Migranten und Flüchtlingen in der EU. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind in diesem Jahr bisher mehr als 110.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Mehr als 93.000 davon landeten an italienischen Häfen in der EU an. Die meisten starten die gefährliche Reise von Libyen aus, oft von Schleppern auf seeuntüchtige Boote gebracht.

Ärzte ohne Grenzen: Keine Info

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat indes Berichte zurückgewiesen, wonach auch sie wegen Rettungsaktionen von Menschen auf dem Mittelmeer im Visier von italienischen Ermittlern sein soll. Man sei von keiner Staatsanwaltschaft über etwaige Untersuchungen informiert worden, teilte die Organisation am Samstag in Rom mit.

Die Anschuldigungen, die jetzt in der Presse verbreitet würden, seien einige Monate alt. Unter anderem die Zeitung "Corriere della Sera" hatte berichtet, dass auch Mitglieder von Ärzte ohne Grenzen wegen mutmaßlicher Begünstigung von illegaler Einwanderung ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft gerückt seien. "Wir hoffen, dass so schnell wie möglich Zweifel aus dem Weg geschafft werden, um dieses Tröpfeln von Anschuldigungen zu beenden, das das Klima in einer immer finstereren Lage vergiftet", erklärte die Organisation.

Ärzte ohne Grenzen ist wie die deutsche NGO Jugend Rettet unter den Organisationen, die den von der italienischen Regierung aufgesetzten Verhaltenskodex für private Seenotretter nicht unterschrieben haben. Viele NGOs fürchteten um ihre Unabhängigkeit. Das Schiff "Iuventa" von Jugend Rettet wurde vergangene Woche beschlagnahmt und ist mittlerweile nach Trapani auf Sizilien geschleppt worden.

"In dem Durchsuchungsbeschluss wird uns unterstellt, dass wir auf See mit libyschen Schleppern zusammenarbeiten. Anschuldigungen dieser Art sind nicht neu und haben sich auch in der Vergangenheit immer wieder als haltlos erwiesen", erklärte Jugend Rettet am Samstag. "Haltlose Vorwürfe" konstruierten in der Öffentlichkeit ein Bild, das zu einer Diskreditierung von privaten Seenotrettenden führe. (APA, red, 5.8.2017)