Tripolis – Ein Schiff rechtsextremer Aktivisten, die Flüchtlinge an der Überfahrt nach Europa hindern wollen, hat vor der libyschen Küste das Rettungsschiff Aquarius verfolgt. Die C-Star traf am Samstag in einem Gebiet rund 20 Seemeilen vor Libyen ein, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP an Bord der Aquarius.

Vor der libyschen Küste fuhr die C-Star 30 bis 45 Minuten mit einem Abstand von wenigen hundert Metern hinter der Aquarius her, später folgte sie dem Rettungsschiff aus größerer Distanz. Die Besatzung der Aquarius, die von den Hilfsorganisationen SOS Mediterranee und Ärzte ohne Grenzen betrieben wird, wollte sich nicht dazu äußern, ob sie die Nähe der C-Star als Bedrohung empfand. Während die C-Star in der Nähe war, fuhr das Rettungsschiff allerdings mit doppelter Geschwindigkeit.

Das von der Gruppe Defend Europe gecharterte Schiff hatte Anfang Juli den Hafen von Dschibuti verlassen und über den Suez-Kanal und Zypern Kurs auf die libysche Küste genommen. Am Samstag traf es dort ein. Die Besatzung will die libysche Küstenwache auf Flüchtlingsboote aufmerksam machen und sie dazu drängen, die Flüchtlinge zurück nach Libyen zu bringen.

Mit ihrer Schiffstour im Mittelmeer wollen die Rechtsextremisten zugleich gegen die Arbeit der privaten Seenotrettungsorganisationen protestieren, die vor Libyen Schiffbrüchige retten und die Flüchtlinge dann nach Europa bringen.

Identitäre

Mitte Mai hatten sie eine Kampagne im Internet gestartet und 76.000 Euro für die Anmietung ihres Schiffs eingesammelt. Hinter der Aktion stehen österreichische, deutsche, französische und italienische Mitglieder der Identitären Bewegung. Martin Sellner, Chef der Identitären Österreichs, zählt zu den Mitorganisatoren und ist mit an Bord.

Am Sonntag nahm die C-Star Kurs auf Tunesien. Fischer im Hafen von Zarzis an der Südostküste des Landes wollten ein Anlegen des Schiffes verhindern. Sie wollten "Nein sagen", sagte der Vorsitzende der Fischervereinigung, Chamseddine Bourassine. "Wir werden den Kanal schließen, der (den Schiffen) zur Versorgung dient", sagte er. "Das ist das Mindeste, was wir tun können angesichts dessen, was im Mittelmeer geschieht, angesichts des Sterbens von Muslimen und Afrikanern", sagte er.

Auch Italien protestiert gegen die Aktivitäten der privaten Rettungsorganisationen. Rom wirft ihnen vor, die illegale Migration zu begünstigen. Mit einem Verhaltenskodex für Hilfsorganisationen will die italienische Regierung die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge verringern. Italien will die Organisationen unter anderem verpflichten, bewaffnete Polizisten an Bord ihrer Rettungsschiffe mitzunehmen.

Ermittlungen gegen deutsche NGO

Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Trapani hat Ermittlungen gegen 15 Crewmitglieder der deutschen NGO Jugend Rettet wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung aufgenommen. Die Untersuchung betrifft unter anderem deutsche, spanische und portugiesische Crewmitglieder, meist junge Aktivisten der NGO, berichtete der TV-Sender Rai.

Die Crewmitglieder, gegen die ermittelt wird, befanden sich im September 2016 und im Juni 2017 an Bord des Schiffes Iuventa, als Kontakte zu Schleppern festgestellt wurden. Bisher hatte die Staatsanwaltschaft von Trapani lediglich eine Untersuchung gegen die Hilfsorganisation im Allgemeinen bestätigt, ohne Details zu den Personen zu liefern, gegen die ermittelt wurde.

Die Iuventa, die am Mittwoch im Hafen Lampedusa konfisziert wurde, wurde nach Trapani gebracht. Hier soll es von den Ermittlern kontrolliert werden, die gegen Jugend Rettet wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt.

Jugend Rettet gehört zu den NGOs, die den Verhaltenskodex des italienischen Innenministeriums bisher nicht unterzeichnet haben. Andere wichtige Hilfsorganisationen – darunter Ärzte ohne Grenzen – haben eine Unterschrift wegen rechtlichen Bedenken und der Sorge um ihre Unabhängigkeit abgelehnt. (APA, 6.8.2017)