Ehsan Hajsafi ist wie Ramin Rezaeian und Saeid Ezzatollahi (von rechts nach links) stolz auf sein Land, das mit einem 2:0 über Usbekistan am 12. Juni die WM-Teilnahme 2018 in Russland fixierte. Doch die politische Führung seines Landes ist verstimmt, weil er gegen Israelis spielte.

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Teheran/Wien – "Das ist furchtbar. Die Fifa müsste mit Sanktionen drohen", sagt Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Der Sportmediziner Paul Haber, Präsident des jüdischen Sportvereins Hakoah Wien, sieht es ähnlich. "Es müsste schon jetzt zumindest eine Verwarnung geben, wenn sich die iranische Politik derart in den Sport einmischt." Ein dritter österreichischer Präsident, Rudolf Hundstorfer, jener der Bundes-Sportorganisation, schließt sich an. "Sport sollte immer verbinden und nie trennen", sagt Hundstorfer – wie Haber und Deutsch auf Anfrage des STANDARD.

Was bisher geschah? Der iranische Teamkapitän Masoud Shojaei (33) und sein Stellvertreter Ehsan Hajsafi (27) hatten kürzlich mit ihrem Verein Panionios Athen gegen Maccabi Tel Aviv – demnächst Playoff-Gegner von Altach – 0:1 verloren. Ihnen drohen, weil sie gegen Israelis antraten, Sperren und der Nationalteamausschluss. Sie könnten die WM 2018 in Russland verpassen, für die der Iran schon qualifiziert ist. Sportministerium und Fußballverband (FFI) gingen hart mit den Kickern ins Gericht. Und Außenministeriumssprecher Bahram Ghassemi verlangt laut der Nachrichtenagentur IRNA, iranische Legionäre sollten künftig in den Verträgen mit ihren Klubs verankern lassen, dass sie nicht gegen Israelis spielen müssen.

Wenig Hoffnung auf Fifa

Für Haber wäre, wenn der Iran Worte in Taten umsetzt, die Androhung des WM-Ausschlusses angebracht. Er wäre allerdings "überrascht", sollte sich die Fifa einschalten. Auch Deutsch macht sich "so gut wie keine Hoffnungen". Fußball sei wie Politik, die Verantwortlichen denken stets "an die nächste Wahl, bei der sie auf Stimmen angewiesen sind". Haber: "Hochrangige europäische Politiker fahren in den Iran und geben dort Leuten die Hand, die für die Hinrichtung etwa von Homosexuellen oder von Muslimen, die zum Christentum übertreten, verantwortlich sind."

Selten ringen sich Sportinstitutionen zu ernsthaften Sanktionen durch. Bei Olympia 2016 hatte Ägyptens Judoka Islam El Shehaby seinem israelischen Bezwinger Or Sasson den Handschlag verweigert. Er musste daraufhin vor der Schlusszeremonie abreisen – was er vielleicht ohnedies getan hätte. Und das IOC forderte seinen ägyptischen Ableger knallhart auf, Sportler künftig schon vor den Spielen über die olympischen Werte zu informieren.

Es sind schon etliche iranische Fußballer gegen einen israelischen Verein angetreten. Der erste war übrigens Sturm-Graz-Legionär Mehrdad Minavand, ebenfalls langjähriger Teamkicker, der in Graz am 26. Juli 2000 beim 3:0 in der Champions-League-Quali gegen Hapoel Tel Aviv durchspielte, ohne Probleme zu kriegen. Die Reise nach Israel trat Minavand dann allerdings nicht an.

Just der aktuelle Teamkapitän Shojaei sprach übrigens vor wenigen Wochen nach der vollbrachten WM-Qualifikation wegen des generellen Stadionverbots für Frauen beim iranischen Präsidenten Hassan Rohani vor. "Ich bitte Herrn Rohani, die Frauen in die Stadien zu lassen. Viele Frauen sind Fußballfans, ihr Interesse ist überwältigend. Ich hoffe, dieser Wunsch erfüllt sich bald."

Viel Lob im Netz

In den sozialen Medien erntete und erntet Shojaei viel Zustimmung, was weder Haber noch Deutsch überrascht. "Viele Iraner", sagt Haber, "wollen normal leben." Deutsch ergänzt: "Viele wollen eine Art westliches Leben führen, andere gehen extrem in die andere Richtung. Das Land ist in einer interessanten Phase." Der Fußball ist da nur Pars pro Toto. Auf Twitter läuft unter dem Hashtag "Fußball ist nicht politisch" eine Kampagne für Masoud Shojaei und Ehsan Hajsafi. Klingt fast nach einem Fifa-Slogan. (Fritz Neumann, 9.8.2017)