Rom/Wien – Die Hilfsorganisation Jugend Rettet hat erneut die Vorwürfe der italienischen Behörden wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung zurückgewiesen. "Ich schließe aus, dass unsere Crew irgendwelchen Kontakt mit Schleppern hatte", erklärte der Sprecher der deutschen Seenotretter Julian Pahlke in der Nacht auf Mittwoch gegenüber der "ZiB 24".

Dem Schiff der NGO nahe gekommen seien nur sogenannte Engine-Fisher, die im weitesten Sinne mit Schleppernetzwerken in Zusammenhang stünden, so Pahlke. Dabei handelt es sich um Libyer, die versuchen, Motoren an den Schlauchbooten der Flüchtlinge abzubauen, um sie den Schleppern zu verkaufen, damit sie wiederverwendet werden können. "Die kommen zu uns und wollen die Boote zurück." Die Situation sei für die Hilfsorganisationen sehr schwierig und mitunter gefährlich, denn die Engine-Fisher würden sehr aggressiv auftreten, so der Jugend-Retter-Sprecher. Im Zweifel müssten die Crewmitglieder zurücktreten und ihnen die Boote geben, meint Pahlke.

Ermittlungen gegen Crewmitglieder

Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Trapani hat Ermittlungen gegen 15 Crewmitglieder von Jugend Rettet aufgenommen und wirft der NGO Beihilfe zu illegaler Einwanderung vor. Das Schiff Iuventa wurde konfisziert. Jugend Rettet gehört zu den NGOs, die sich weigern, den Verhaltenskodex des italienischen Innenministeriums zu unterzeichnen. Die Hilfsorganisationen haben rechtliche Bedenken und Sorge um ihre Unabhängigkeit.

Italien verteidigt NGO-Verhaltenskodex

Der italienische Premier Paolo Gentiloni verteidigte indes den von seiner Regierung entworfenen Verhaltenskodex für Flüchtlingsretter im Mittelmeer. "Der Verhaltenskodex für NGOs ist ein wesentlicher Teil einer Strategie zur Bewältigung des Flüchtlingsnotstands. Diese Strategie, die auch die Zusammenarbeit mi den libyschen Behörden vorsieht, zeigt allmählich Resultate", sagte Gentiloni. "Die Migrantenströme nach Italien reduzieren sich. Der Staat siegt, die Schlepper verlieren", kommentierte Gentiloni in einem Interview mit dem Staatsfernsehen RAI am Dienstagabend.

Er verteidigte somit die Arbeit von Innenminister Marco Minniti, der in der Regierung wegen des Verhaltenskodex kritisiert worden war. Minniti betonte, dass weitere NGOs bald den Regelkatalog unterzeichnen werden, nachdem Proactiva Open Arms und SOS Mediterranee dem Verhaltenskodex zugestimmt hatten. Dieser war zuvor von MOAS, Save the Children und der deutschen Sea Eye unterzeichnet worden. Neben Jugend Rettet weigert sich auch Ärzte ohne Grenzen (MSF), den Verhaltenskatalog zu unterzeichnen. (red, APA, 9.8.2017)