Mexikanische Fußballfans bei der Arbeit. Der Export von Fahrzeugen aller Art in die USA aus Mexiko boomt, seitdem Nafta vor 25 Jahren in Kraft getreten ist. Die USA wollen ihr Handelsdefizit in Bezug auf Mexiko senken – die Gespräche starten kommende Woche.

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Wien – Auf Donald Trumps Erfolgsliste in Sachen Handelspolitik steht bisher wenig. Im Wahlkampf hatte er versprochen, heimische Stahlfabriken vor der Konkurrenz aus China zu schützen und jeden Handelspakt zu zerreißen, der nicht zu Washingtons Gunsten funktioniert.

Bis auf den Rückzug aus einem noch nicht in Kraft getretenen Abkommen für den Pazifikraum ist bislang nichts passiert. Das soll sich ändern: Kommenden Mittwoch werden die USA, Mexiko und Kanada die Verhandlungen über die Modernisierung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) in Washington starten. Die USA hatten darauf gedrängt. Derzeit melden sich täglich Lobbygruppen aus den drei Ländern mit Wünschen und Forderungen zu Wort.

Handelsdefizit

In einem Brief an den Kongress hat Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer die Ziele der USA für die Gespräche formuliert. Oberstes Interesse Washingtons ist, das Handelsdefizit zu senken. Die USA importieren mehr Autos und Kühlschränke aus Mexiko und Kanada, als sie umgekehrt Computer und Maschinen ausführen.

Mit Mexiko beträgt das US-Handelsdefizit 56 Milliarden Dollar (47,5 Milliarden Euro). Nafta hat Mexikos Industrie, allen voran den Autoproduzenten, einen Schub verschafft: Vor Nafta importierte Mexiko mehr Waren aus den USA als umgekehrt.

Experten glauben nicht, dass die USA ihr Handelsdefizit via Nafta senken können. Weder Mexiko noch Kanada haben ein Interesse, den Status quo zu ändern. Verglichen mit dem Rest der Welt sind beide Länder selbst Nettoimporteure von Waren und Dienstleistungen. Das Leistungsbilanzdefizit Kanadas und Mexikos ist größer ist als jenes der USA.

In einer Analyse des Peterson Institute for International Economics, eines konservativen Thinktanks aus Washington, heißt es zudem, dass die US-Strategie einem Denkfehler unterliege. Ursache dafür, dass die USA mehr Waren einführen als ausführen, sei, dass das Land sich ständig höher verschulde.

Experten orten Denkfehler

Mehr Kredite bedeuten mehr Konsum – die Waren müssen von irgendwo herkommen. Da die US-Industrie nicht genug fertigt, sind Importe der Ausweg. Wer daran etwas ändern wolle, müsse das US-Defizit senken, so das Peterson Institute. Einen Handelspakt nachzuverhandeln reiche nicht aus. Ein niedrigeres Handelsdefizit mit Mexiko werde automatisch dazu führen, dass das Defizit mit einem anderen Land steigt.

Was sind nun aber konkrete Knackpunkte in den Gesprächen?

· Die USA wollen einen besseren Marktzugang für ihre Agrarprodukte in Kanada. Neben Milchbauern sehen sich auch Winzer benachteiligt, in einigen kanadischen Regionen werden in Lebensmittelgeschäften keine US-Weine verkauft. Die Landwirtschaft spielt in Nafta nur eine kleine Rolle. Einige Bundesstaaten wie Nebraska, Iowa und Kansas sind aber vom Agrarsektor abhängig. Laut Peterson Institute gibt es hier etwas Spielraum – Kanada könnte einer weiteren schrittweisen Marktöffnung zustimmen.

· Als schwer zu erreichen gilt das Ziel der USA, die "Rules of Origin" zu verschärfen. Das sind Bestimmungen, die festlegen, wann ein Produkt unter Nafta fällt, also zollfrei gehandelt werden darf. Bei Pkws gilt zum Beispiel, dass 62,5 Prozent der Einzelteile in einem Nafta-Land hergestellt werden müssen. Die Regeln weiter zu verschärfen könnte bedeuten, dass weniger Pkws aus Mexiko in den USA verkauft werden dürfen, weil Einzelteile aus Europa stammen.

Strikte Regeln

Nafta gilt laut Peterson Institute bereits als Abkommen mit sehr strikten Regeln. Weil komplizierte Nachweise nötig sind, um Herkunft und Wert von Einzelteilen zu belegen, nutzen viele Klein- und Mittelunternehmen das Abkommen heute gar nicht. Striktere Regeln würden dazu führen, dass die bürokratischen Hürden noch abschreckender wären.

· Kanada und Mexiko lehnen den Wunsch der USA ab, die vorgesehenen Nafta-Schiedsverfahren abzuschaffen. Schränkt ein Land die Einfuhr eines Produkts ein, kann der Nafta-Partner ein Schiedsverfahren beantragen. Zwei von den Streitparteien nominierte Richter entscheiden dann, ob das Vorgehen Nafta-konform ist. Die USA haben Dispute gegen Mexiko und Kanada immer wieder verloren und wollen, dass künftig nur nationale Gerichte entscheiden.

· Kernanliegen aller Länder ist es, elektronischen Handel und elektronische Dienstleistungen zu regeln. Die USA wollen etwa, dass IT-Firmen wie Facebook und Google in Kanada oder Mexiko gesammelte Daten ohne Einschränkungen in die USA transferieren können. Auch sollen Gesetze wie in einigen kanadischen Provinzen fallen, dass bestimmte Daten von Bürgern elektronisch nur lokal in Datenzentren gespeichert werden sollen.

Die USA wollen zudem, dass Kanada die Untergrenze anhebt, ab der Warenlieferungen unter Umsatz- und Steuerpflicht fallen. Derzeit gilt, dass ab einem Wert von 20 kanadischen Dollar (13,3 Euro) alle Steuern anfallen. Eine Gesetzesänderung würde vor allem Onlinehändlern wie Amazon nützen. (András Szigetvari, 10.8.2017)