Tarek Saab inszeniert sich gern als Freund des Volkes.

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Caracas/Wien – "Ich schwöre, um alle unsere Jugendträume zu kämpfen. Ich schwöre, für Gerechtigkeit zu sorgen. Ich schwöre, der Welt zu zeigen, dass wir eine gefestigte Demokratie sind, die die Rechte der Menschen respektiert – mit Anstand und Ehre." Mit diesen Worten trat Tarek William Saab in die Fußstapfen von Luisa Ortega Díaz, die zuvor zehn Jahre lang Generalstaatsanwältin Venezuelas gewesen war.

Es bedarf nicht vieler Spekulationen, um zu verstehen, warum es einer der ersten Schritte der am vergangenen Wochenende konstituierten verfassungsgebenden Versammlung war, Ortega ihres Amtes zu entheben. Nachdem sie jahrelang auf der Seite der Regierung gestanden hatte, entwickelte sie in den vergangenen Monaten eine stark regimekritische Linie und leitete zuletzt noch ein Ermittlungsverfahren wegen Wahlbetrugs gegen die Regierung von Staatschef Nicolás Maduro ein.

Saab hingegen ist Maduro stets treu geblieben, seit dieser im März 2013 die Nachfolge des an Krebs verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez angetreten hatte. Obwohl der 54-Jährige gerne seine Verbundenheit und Gleichstellung mit den venezolanischen Bürgern unterstreicht, kaufen ihm viele seine Loyalität gegenüber dem Volk nicht ab. Auch seine Ernennung zum "Verteidiger des Volkes", ein Amt, das er ab 2014 ausführte, hat dabei nicht geholfen – schließlich hat man nicht vergessen, dass Saab im Jahr 2005 selbst mit Wahlmanipulationsvorwürfen konfrontiert wurde, nachdem er zum Gouverneur des Bundesstaats Anzoátegui gewählt worden war.

Im Visier von Interpol

In den Medien präsent war Saab, Sohn libanesischer Einwanderer, schon als Jugendlicher mit Gedichten und Artikeln in der venezolanischen Tageszeitung Antorcha. Mit der Zeit wandelte er sich vom Verfasser von Texten zum Zielobjekt der Berichterstattung, beispielsweise als er 2015 am Flughafen von Mexiko-Stadt von Interpol angehalten und mehrere Stunden lang befragt wurde, da der Verdacht bestand, dass er in Drogengeschäfte verwickelt sei.

Im vergangenen April sorgte dann Saabs ältester Sohn Yibram für weltweites Aufsehen, als er sich aufgrund des anhaltenden Konflikts zwischen Regierung und Volk in einem Video gegen das Regime aussprach und seinen Vater direkt bat, "diese Ungerechtigkeiten zu beenden, in denen das Land versinkt". Der Jusstudent erzählte von seinem Kommilitonen Juan Pablo Pernalete, der aufgrund des Einsatzes von Tränengas durch das Militär ums Leben gekommen war, und sagte: "Das hätte ich sein können. Ich bitte dich als dein Sohn und im Namen des Volkes, dass du tust, was du machen musst." Saab reagierte mit einem ausweichenden Statement, in dem er erklärte, Yibram zu lieben und zu respektieren und ihn nicht dafür zu verurteilen, sein Recht auf freie Meinungsäußerung auszuüben. Auf die Bitten seines Sohnes ging er allerdings nicht ein.

Der Zuspruch, den Yibram daraufhin im ganzen Land bekam, unterstrich erneut die Meinung vieler Venezolaner über ihren damaligen "Verteidiger": Saab solle sich schämen, dass sein Sohn so viel mehr Mut und Anstand besäße, lautete das Echo vieler venezolanischer Bürger. (Carla Márquez, 10.8.2017)