Der 19-jährige Rekrut war erst seit 10. Juli Mitglied des Gardebataillons in Wien und als solches gerade zur Grundausbildung in der Radetzkykaserne in Horn gewesen.

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Horn/Wien – In der Öffentlichkeit kursieren voneinander abweichende Darstellungen der Umstände des Todes eines Rekruten in Horn. Der 19-Jährige soll vergangenen Donnerstag, am bisher heißesten Tag des Jahres, nach drei Kilometern Marsch über Schwindel geklagt haben, war bewusstlos geworden und wenig später gestorben. Die Staatsanwaltschaft Krems ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt beziehungsweise wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Umständen. Die Polizei führt Erhebungen durch, die "Wochen dauern" dürften.

Dem Vater eines Kameraden des Verstorbenen zufolge, den der "Falter" zitiert, hatten die Rekruten laut seinem Sohn "über 30 Kilo Marschgepäck am Rücken" getragen. Generalleutnant Franz Reißner, Kommandant der Landstreitkräfte, bezeichnete diese Angabe als "nicht realistisch". Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass ein Unterhemd oberstes Bekleidungsstück gewesen und die Marschstrecke angepasst worden sei.

Marschierende in der Sonne

Ein nahe Horn wohnhafter Leser (Name der Redaktion bekannt) schilderte dem STANDARD, dass er am Donnerstag kurz vor 16 Uhr vom Auto aus eine Gruppe von rund zehn Uniformierten auf der Bahnstraße marschieren gesehen habe. Sie seien am Oberkörper nicht bloß im Unterhemd gewesen und hätten "einen großen Rucksack und das Sturmgewehr zu tragen" gehabt. Trotz vorhandenen Schattens auf einer Straßenseite seien sie zudem in der Sonne gegangen. Nach Auskunft des Verteidigungsministeriums ereignete sich der Zusammenbruch des Rekruten aber schon früher, die Wahrnehmungen des Mannes könnten daher nicht damit in Zusammenhang stehen.

Überhitzung als Todesursache

Was unumstritten ist: Der Rekrut starb laut Gerichtsmediziner infolge der Überhitzung seines Körpers an Herzstillstand. Ob etwaige Vorerkrankungen vorlagen, wird geprüft. Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen gebe es keinen Hinweis auf eine relevante bakterielle Erkrankung, hieß es von Behördenseite.

Hitzetod eines Rekruten: Verteidigungsminister Doskozil verspricht Aufklärung.
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Auch das Verteidigungsministerium lässt den Tod des 19-Jährigen prüfen. Wolfgang Rathgeb, Präsident des Landesgerichts Salzburg und Brigadier der Miliz, soll als Leiter einer Sonderkommission die Umstände durchleuchten. Er befinde sich bereits in der Kaserne Horn. Er plane "eine lückenlose, umfassende und völlig transparente Aufklärung der Umstände, die zum tragischen Tod des Rekruten geführt haben", erklärte Rathgeb und betonte, dass er "in seiner Tätigkeit vollkommen unabhängig ist".

Das Bundesheer werde "alles" für eine "transparente und lückenlose Aufklärung" unternehmen, sagte auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ). Die Grünen stellten an den Minister eine 41 Fragen umfassende Anfrage zu dem Vorfall.

In der ORF-"ZiB 2" stellte sich Doskozil hinter die Heeres-Mitarbeiter: Es dürfe nun nicht zu einer "pauschalen Verurteilung" des Heeres kommen. Er verwehre sich dagegen, dass das Bundesheer "als Ganzes in ein schiefes Licht gestellt wird", sagte der Verteidigungsminister. Beim Bundesheer gebe es rund 2.000 Ausbildner, einige davon würden Fehlleistungen erbringen, dagegen müsse man klar eintreten, sagte Doskozil, der von einem "sehr tragischen Fall" sprach.

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"Unerträgliche Sprache"

Eine weitere Kommission unter Günter Höfler, Leiter der österreichischen Militärvertretung Brüssel, nimmt das System der Ausbildung und die Vorschriften unter die Lupe. Jener im "Falter" zitierte Vater eines Rekruten sprach von einer "unerträglichen Sprache" der Ausbildner und von einer geschaffenen "Kultur, in der sich Geschwächte nicht mehr melden und ihr Leben riskieren müssen". Er schilderte zudem, dass schon am Vortag 20 Rekruten bei einer Übung ohnmächtig geworden seien und er erhob den Vorwurf, dass im Fall des Zusammenbruchs des 19-Jährigen nicht sofort die Rettung alarmiert worden sei. Es gebe bisher keine Indizien für eine Verzögerung, sagte ein Ministeriumssprecher.

Ausbildner nicht beurlaubt

Zu dem Ausbildner im aktuellen Fall wollte der Sprecher am Mittwoch keine näheren Angaben machen – beurlaubt sei er nicht worden. Man wolle niemanden vorverurteilen. Bevor man Rekruten ausbilden dürfe, durchlaufe man beim Bundesheer jedenfalls verschiedene Ausbildungen, die etwa auch Pädagogik und den Umgang mit Kritik beinhalten.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach den Angehörigen sein Beileid aus und forderte eine lückenlose Aufklärung des Falles und der kolportierten Vorwürfe, wonach "ein unentschuldbarer Umgangston von einzelnen Ausbildnern des Bundesheers gegenüber Rekruten stattgefunden hätte". (Gudrun Springer, 9.8.2017)