Bremen – Der französische Philosoph Etienne Balibar (75) erhält den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken. Balibar studierte an der Ecole normale supérieure und war Mitarbeiter des Philosophen Louis Althusser. Er unterrichtete politische Philosophie und Moralphilosophie in Nanterre und ist derzeit Gastprofessor an der Columbia University in New York.

Balibar kritisiere immer leidenschaftlich die strukturellen Schwächen der liberalen Demokratie und die Art und Weise, wie brennende politische Fragen nicht zu Ende gedacht werden, heißt es in der Begründung der Jury. "Seine Beiträge haben sich weit über den akademischen Diskurs hinaus an die republikanische Öffentlichkeit gerichtet."

Verspielte Chancen

Balibar sei "ein nimmer müder Kämpfer für ein Europa, dessen Staaten und Gesellschaften ihre historische Chance immer wieder zu verspielen scheinen, die ihnen die Geschichte zugespielt hat. Aber das plurale Europa muss sich immer wieder neu erfinden, um handlungsfähig zu bleiben."

Balibar soll die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung am 1. Dezember im Bremer Rathaus verliehen bekommen. Die Stadt Bremen und die Heinrich Böll Stiftung vergeben den nach der jüdischen Publizistin Hannah Arendt (1906-1975) benannten Preis seit 1995. Er wird an Personen verliehen, die mit einer mutigen Intervention das "Wagnis Öffentlichkeit" annehmen. Unter den bisherigen Preisträgern befinden sich die Historiker Tony Judt und Timothy Snyder sowie die Autoren Navid Kermani und Juri Andruchowytsch. (APA, 11.8.2017)