Aus 20 Millionen Jahre alten Sporen erwuchs ein neuer Pilz. Genetische Analysen sollen nun klären, um welche Spezies es sich genau handelt.

Foto: Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology

Yokosuka – Es klingt wie der Plot so mancher Horrorfilme aus der B-Movie-Kategorie: Japanische Wissenschafter entdeckten vor fünf Jahren bei Bohrungen tief unter dem pazifischen Meeresboden einen Pilz, der dort vor Jahrmillionen eingeschlossen worden war. Als die Forscher die geborgenen Überreste nun einer Nährlösung aussetzten, erwachte das Wesen zu neuem Leben.

2012 bohrten Geologen vor der Nordostküste der japanischen Insel Honshū bei Hachinohe etwa 1.200 Meter unter dem Meeresspiegel ein 2,5 Kilometer tiefes Loch in den Ozeangrund. In den emporgeholten Proben stellten die Wissenschafter neben zahlreichen rezenten Bakterien- und Archaeen-Arten auch Sporen von insgesamt 69 unterschiedlichen Pilzen fest, allesamt landlebende Arten.

Ohne Sauerstoff

Der Lebensraum der Pilze lag auf einer etwa 250 Millionen Jahre alten geologischen Formation der eurasischen Landmasse und war vor rund 20 Millionen Jahren im Meer versunken. Im Laufe der Zeit verschwand die Stelle unter ozeanischen Sedimenten, wurde unter Sauerstoffabschluss von geologischen Prozessen durchgeknetet, von anderen Schichten der Erdkruste überlagert und dabei auf Temperaturen von 50 bis 60 Grad Celsius erhitzt – man sollte annehmen, dass diese Tortur kein komplexes Lebewesen übersteht.

Als jedoch ein Team um Fumio Inagaki von der staatlichen japanischen Behörde für Ozean- und Geoforschung (JAMSTEC) die geborgenen Pilzsporen im Labor einer Nährlösung aussetzten, begann einer von ihnen auszutreiben und zu einem rund einen Zentimeter großen Pilzkörper heranzuwachsen. Erste Untersuchungen zeigten, dass die Spezies mit der heute lebenden Gattung Schizophyllum verwandt ist. "Was wir hier gefunden haben, könnte eine uralte Pilzart sein, die bereits lange vor der Entwicklung des Menschen existierte", sagte Inagaki der japanischen Zeitung "Asahi Shimbun".

Weitere genetische Untersuchungen

Wie diese Pilzsporen über 20 Millionen Jahre unter widrigsten Umständen überleben konnten, ist für die Wissenschafter ein Rätsel. Dass eine Verunreinigung durch rezente Pilzarten geschehen sein könnte, schließen die Forscher weitgehend aus. Entsprechende Vorsichtsmaßnahmen seien sowohl bei der Probenentnahme als auch im Labor getroffen worden, erklärt Inagaki. Nun soll der Pilz genetisch genauer untersucht werden. (tberg, 11.8.2017)