"Section" und "Verstärker": Für seine monochromen Körper im Raum benötigt der deutsche Künstler bis zu zehn verschiedene Lackschichten, um die nötige Transparenz und Tiefe zu schaffen.


Foto: Ulrich Ghezzi, Galerie Ruzicska

Wie lassen sich die Grenzen traditioneller Malerei erweitern, um eine neue Schule des Sehens zu ermöglichen? Diese künstlerischen Fragestellungen beschäftigen den Berliner Objektkünstler Gerold Miller auch in seinen zwei jüngsten Werkgruppen: postminimalistischen Wandobjekten (Section) und frei stehenden Skulpturen (Verstärker). Section – Verstärker heißt denn auch die Ausstellung in der Galerie Ruzicska.

Der 1961 im schwäbischen Altshausen geborene Miller studierte in den 1980ern Bildhauerei in Stuttgart. Diese Zeit des postmodernen Anything Goes hat ihn seinen eigenen Stil finden lassen, bei dem die kunstgeschichtlichen Referenzen von der konstruktivistischen Malerei über Objekte und architektonische Eingriffe der Minimal Art bis zu den strengen, geometrischen Formen in Farbfeldern bei den Neo-Geos reichen.

Werk, Fläche und Raum sind die zentralen Kategorien von Millers Arbeiten, die mittels radikaler Reduktion, Monochromie, Farbkontrasten und Wiederholung ihre Wirkung erzielen. In Salzburg stechen zuerst die drei großformatigen Objekte der Werkgruppe Section ins Auge, die von der Form des Vierecks ausgehend, auf deren abgeschnittene Spitze gekippt sind, also de facto als ein Fünfeck mit zwei monochromen Flächen erscheinen, die in Rot und Blau, Schwarz und Weiß sowie mattem und glänzendem Schwarz gehalten sind.

Sie bestehen aus Aluminium mit aufgetragenen Lackschichten – mitunter benötigt der Künstler dafür bis zu zehn verschiedene, um die nötige Transparenz und Tiefe zu schaffen. Wobei in der industriellen Präzision und Anmutung der Objekte klar wird, dass hier eine Kooperation Millers mit zwei Handwerkern notwendig ist: dem Schlosser, der die Form herstellt, und dem Lackierer, der die Endfertigung vornimmt, natürlich basierend auf Ideen, Skizzen und Vorarbeiten des Berliners.

Räumliche Wahrnehmung

Möglich werden die Kunstwerke aber nur im Zusammenspiel mit dem Wissen und der Experimentierfreude der Kunsthandwerker. Der schöpferische Akt des Künstlers wird zum Spiegel und zur Apotheose, also "Verstärkung", einer (post)industriellen, arbeitsteiligen Gesellschaft, in der Objekte normalerweise auf Hochglanz poliert sind.

Das gilt auch für die den Galerieraum definierenden Verstärker-Teile: aus drei Streben bestehende, frei platzierte Skulpturen, die ihre Wirkung auf die räumliche Wahrnehmung des Betrachters aus den Komponenten Höhe, Länge und Tiefe beziehen. Und natürlich aus der Farbgebung, die von glänzend rot lackiert über pink-rot-schwarz lackiert bis zu vergoldetem Messing reicht. (Gerhard Dorfi, Album, 12.8.2017)