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In Österreich gab es bisher in der Steiermark und in Oberösterreich Fipronil-Verdachtsfälle bei importierten Eiern.

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Fipronil-Verdacht bei importierten Eiern.

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Wien – Der Skandal um mit Fipronil verseuchte Eier weitet sich aus: Inzwischen sind zwölf europäische Länder betroffen. In Österreich sind bisher zwei Fipronil-Verdachtsfälle in Oberösterreich und einer in der Steiermark bei importierten Eiern aufgetaucht.

Ulrich Herzog ist im Gesundheitsministerium für Verbraucherschutz zuständig. Er spricht über den Fipronil-Skandal.
ORF

Frage: Doch wie kam der Wirkstoff in die Eier?

Antwort: Als Auslöser gilt Dega-16, ein pflanzliches Milbenbekämpfungsmittel. Diesem wurde Fipronil beigemischt, obwohl es bei Nutztieren – also auch bei Legehennen – nicht verwendet werden darf. Ein belgischer Händler steht im Verdacht, die Chemikalie beigemischt zu haben. Die niederländische Polizei hat mittlerweile zwei Manager festgenommen. Die Chemikalie, die über Futter, Haut und Federn in die Nahrungskette gelangt, reichert sich im Eidotter an.

Frage: Was ist Fipronil überhaupt?

Antwort: Der Wirkstoff kommt als Pflanzenschutzmittel oder in der Veterinärmedizin – beispielsweise zum Schutz von Hunden vor Flöhen und Zecken – zum Einsatz. Fipronil ist aber nicht nur für Zecken und Flöhe, sondern auch für Honigbienen giftig. 2013 hat die Europäische Union daher beschlossen, den Einsatz in der Landwirtschaft zu begrenzen. Um Bienenvölker besser zu schützen, darf es zum Beispiel nicht mehr zur Saatgutbehandlung von Mais verwendet werden.

Frage: Wie gefährlich ist Fipronil für Menschen?

Antwort: Die derzeit gemessenen Fipronil-Werte in Eiern sind nicht sehr hoch. Laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) ist der Wirkstoff nach dem derzeitigen Wissensstand weder krebserregend noch erbgutschädigend. Eine tägliche Aufnahmemenge von sieben Eiern für einen Erwachsenen mit 65 Kilogramm beziehungsweise von einem Ei für ein Kind mit zehn Kilogramm Körpergewicht ist demnach tolerierbar. Die Ages betont jedoch, dass es sich bei der Berechnung um Höchstwerte handelt, der Großteil der bisher getesteten Eier wies einen zehn- bis 100-fach niedrigeren Wert auf.

Frage: Was passiert, wenn jemand zu viele solche Eier gegessen hat?

Antwort: Das könnte laut Ages bei Menschen neurotoxisch wirken. In höheren Dosen führt Fipronil bei Menschen vor allem zu Übelkeit und Erbrechen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat aber auch aufgrund von Analyseergebnissen in Belgien vor einem potenziell akuten Gesundheitsrisiko für Kinder beim Verzehr der Eier gewarnt. Laut dem Gesundheitsministerium ist "von keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung für Menschen auszugehen".

Frage: Sind kontaminierte Eier bereits in Österreich gelandet?

Antwort: Die Lebensmittelaufsichten in Oberösterreich und der Steiermark haben bestätigt, dass bereits verdächtige Eier aufgetaucht sind. Experten der Ages überprüfen derzeit, ob die Eier tatsächlich kontaminiert sind. Erste Ergebnisse soll es Anfang nächster Woche geben. Zwei oberösterreichische Großhändler haben demnach gekochte und geschälte Eier aus den Niederlanden importiert. Einer der Großhändler hat die Eier erst gar nicht ausgeliefert, beim zweiten Händler läuft eine Rückholaktion. Die möglicherweise kontaminierten Eier können laut dem Büro des zuständigen Landesrats Rudolf Anschober "in ganz Österreich und dem benachbarten Ausland gelandet sein". Es sei davon auszugehen, dass die Eier bereits in Großküchen und der Gastronomie gelandet sind. Die jeweiligen Betriebe wurden davon in Kenntnis gesetzt. In der Steiermark liegt ein weiterer Verdachtsfall vor. Konkret geht es um 120 Liter Flüssigei aus Deutschland. Die Charge wurde vor der Verarbeitung zurückgeholt, wie die steierische Lebensmittelaufsicht dem STANDARD bestätigte.

Frage: Wo besteht die Möglichkeit einer Kontaminierung sonst noch?

Antwort: Bei Produkten, in denen Eier verarbeitet wurden, wie zum Beispiel Kuchen, Nudeln oder Mayonnaise. Wie eine Sprecherin der Ages dem STANDARD mitteilte, sind durch diese Produkte jedoch keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten, da "solche Mengen gar nicht gegessen werden können". Demnach müsste ein Erwachsener rund drei Kilogramm Eis, drei Kilogramm Mayonnaise oder 14 Stück Torte verzehren, um sich dem Grenzwert anzunähern.

Frage: Sind heimische Eier belastet?

Antwort: Die AMA hat bisher 30 Betriebe in Nieder- und Oberösterreich, in der Steiermark und Kärnten getestet, dabei wurde die Chemikalie nirgends nachgewiesen. Getestet wurden sowohl Eier aus Bio-, Freiland- und Bodenhaltung. Die AMA wie auch die Ages werden nach eigenen Angaben weitere Tests durchführen. Benjamin Guggenberger, Geschäftsführer der Frischei-Erzeugergemeinschaft, sieht keine Gefährdung für heimische Eier: "Wir wenden ganz andere Mittel an, und auch Milben sind nicht so ein großes Problem." Das kontaminierte Produkt werde in Österreich laut Guggenberger nicht eingesetzt. Auch Michael Hess, Leiter der Universitätsklinik für Geflügel und Fische, hält eine Kontamination in Österreich für "sehr unwahrscheinlich".

Frage: Was sagen Eiverarbeiter?

Antwort: Jan Heijn, Chef des Eierverarbeiters Proovo, der Großabnehmer wie Ölz, Recheis, Spitz, Manner, Felix, Bäcker, Wirte und Eissalons mit Tonnen an Flüssigeiern beliefert, geht davon aus, dass hierzulande keine solchen Eier in den Verkehr gekommen sind. Rückverfolgbarkeit ist in seinem Betrieb Pflicht. Derzeit werden alle Daten zurück bis zum vergangenen Jänner geprüft. "Ich glaube, Österreich ist Fipronil-frei." Laut Universitätsprofessor Hess müssten betroffene Hühner getötet werden.

Frage: Wie können Konsumenten sich schützen?

Antwort: Konsumenten können bei Frischeiern durch einen Stempel das Herkunftsland und die Haltungsform erkennen. Die Sprecherin des oberösterreichischen Landesrats Anschober empfiehlt deshalb beim Eierkauf "bewusst auf österreichische Produkte zu achten". Welche Eier in Kaffeehäusern oder in der Krankenhausküche in Nudeln oder Kuchen landen, ist nicht bekannt. Ob importierte Lebensmittel Fipronil-Spuren enthalten, kann laut Ages nicht ausgeschlossen werden, alle bisherigen Testergebnisse waren jedoch negativ.

Frage: Warum nicht?

Antwort: Weil es im Bereich der Gastronomie und für verarbeitete Produkte keine Kennzeichnungspflicht gibt. Dabei gehen immerhin 60 Prozent der Eier gehen an die Gastronomie. Das Gesundheitsministerium wie auch die Landwirtschaftskammer und die Grünen treten für eine Kennzeichnungspflicht ein. Auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sprach sich am Freitag für eine "unbürokratische EU-weite Regelung" aus.

Frage: Wie will man in Zukunft den Import solcher Eier verhindern?

Antwort: "Hier bedarf es EU-weiter Verbesserungen im Rahmen des Schnellwarnsystems und natürlich hilft eine bessere und klarere Kennzeichnung", heißt es aus dem Gesundheitsministerium. So ein System müssten alle EU-Mitgliedsstaaten nutzen, um "alle nötigen Informationen so schnell wie möglich an andere Staaten weiterzugeben". (Nora Laufer, Regina Bruckner, 11.8.2017)