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Rechte Umtriebe – wie die Protestierenden in Charlottesville – gibt es nicht nur hier.

Foto: Reuters/JOSHUA ROBERTS

Es kommt wirklich nicht häufig vor, dass Donald Trump mit seiner Meinung hinterm Berg hält: Mehrmals täglich schreit er seine Kommentare, oft auch Schmähungen, via Twitter in die Welt hinaus.

Dass er sich aber ausgerechnet zu den Vorfällen in Charlottesville nicht mit einer mutigen, gezielten, unmissverständlichen Verurteilung der Gewalt zu Wort meldet, sondern herumlaviert, verharmlost und vernebelt, indem er von "Gewalt von vielen Seiten" spricht, ist nicht nur eine – bei ihm und seinem Team immer wieder vorkommende – Verdrehung von Tatsachen, sondern zeigt auch: Der US-Präsident traut sich nicht, sich vom rechten Rand der Gesellschaft abzugrenzen. Das wäre aber dringend nötig – nicht nur moralisch, sondern auch, um die Gräben in der US-Gesellschaft nicht noch weiter aufzureißen.

Rechte Zielgruppe

Trump hat seinen Wahlsieg nicht zuletzt den weit rechts stehenden Wählergruppen zu verdanken, in denen die Alt-Right-Bewegung, die Neonazis und der Ku-Klux-Klan regen Zulauf haben. Mit seinem Wahlslogan "Make America great again" (Macht Amerika wieder großartig) sprach Trump diese Wähler ganz gezielt an – und bekam ihre Stimmen.

Mit Hilfe der richtigen Multiplikatoren – etwa Steve Bannon, damals Chef der rechten Website "Breitbart", heute im Weißen Haus – gewann er auch die Wahl. Und fast allein diese Wählergruppe ist es, die noch immer unverbrüchlich zu "ihrem" Präsidenten hält. Fast alle anderen, so legen es sämtliche Umfragen seit Trumps Amtsantritt nahe, haben sich schon wieder von ihm abgewendet.

Zu wenig Distanz

Schon in der Vergangenheit wurde Trump immer wieder angelastet, sich nicht genügend von den Rechten zu distanzieren. Und auch jetzt äußerte er sich erst dann zum Anschlag auf eine Gegendemonstration zu einer Kundgebung von Rechtsextremisten, nachdem bereits dutzende andere Politiker die Gewalt schon längst einhellig und unmissverständlich verurteilt hatten. Darunter waren auch prominente Republikaner, auch ehemalige Präsidentschaftskandidaten wie der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Paul Ryan, Senator Marco Rubio und Ex-Gouverneur Mike Huckabee (übrigens der Vater der aktuellen Präsidentensprecherin).

Viel zu spät lenkte Trump ein und strich in weiteren Tweets das Gemeinsame heraus ("Wir müssen alle zusammenstehen", "Wir sind alle zuallererst Amerikaner") und sprach der Familie der bei dem Auto-Anschlag getöteten Frau seine Anteilnahme aus.

Wozu er sich aber bisher nicht durchringen konnte: diesen Vorfall als abscheuliche gewaltsame Reaktion auf eine friedliche Demonstration gegen Rassisten und Rechtsextreme zu verurteilen. Denn damit würde er die Rechte verprellen, in deren Schwitzkasten sich Donald Trump de facto befindet. Und so wird man wohl noch lange auf so drastische Worte warten, wie er sie dieser Tage so gerne in Richtung Nordkorea abfeuert. (Gianluca Wallisch, 13.8.2017)