Usain Bolt blickt auf eine einzigartige Karriere zurück, in London jedoch hatte er zweimal das Nachsehen.

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London – Usain Bolt lag auf dem Boden, das Gesicht schmerzverzerrt, sogar ein paar Tränen flossen. Der achtmalige Olympiasieger und elfmalige Weltmeister Bolt hielt sich den linken Oberschenkel und schaute irgendwann traurig ins Ziel, wo längst andere jubelten über das Sprintstaffelgold, das doch für ihn bestimmt gewesen war. Mit einem schnöden Muskelkrampf endete in London die wohl größte Karriere, die die Leichtathletik bisher gesehen hat. Was für ein Drama.

"Es tut weh, eine wahre Legende, einen wahren Champion so straucheln zu sehen", sagte sein Kollege Yohan Blake hinterher. Blake hatte Schlussläufer Bolt als Drittplatzierten auf die letzte Reise geschickt, früher wäre das kein Problem gewesen. Bolt hätte den Turbo eingeschaltet, Jamaika zum Sieg geführt, gejubelt, eine große Show geliefert. Früher.

Vor einer Woche hatte sich der 30-Jährige noch zu Bronze im Einzel über 100 Meter gerettet, diesmal strauchelte Bolt aber nach 30 Metern, er stürzte – und blieb hilflos auf der Bahn liegen. Die knapp 60.000 Fans im Stadion hielten geschockt den Atem an. Natürlich eilten die Kollegen zu Bolt, auch einige Ärzte waren sofort zur Stelle. Sich in dem bereitgestellten Rollstuhl in die Frühpension schieben lassen, das wollte Bolt dann aber doch nicht.

"Unendliche Liebe"

Stattdessen kämpfte sich der große Sprinter aus dem kleinen Dörfchen Sherwood Content auf die Beine, gestützt von den Kollegen humpelte er die letzten Meter ins Ziel, holte sich noch einmal seinen Applaus ab und verschwand wortlos in der Nacht.

Nur in den sozialen Netzwerken äußerte sich Bolt hinterher. "Danke an meine Leute", schrieb er zu seinem Foto, das ihn gestützt und geschlagen zeigt. Und: "Unendliche Liebe für meine Fans."

Die Briten waren aus dem Häuschen, feierten das erste WM-Gold über 4x100 m. Silber ging an die USA mit 100-m-Weltmeister Justin Gatlin vor Japan. Die Jamaikaner beschwerten sich hinterher über die lange Wartezeit vor dem Start. "Es war verrückt, wir standen 40 Minuten nur herum, wir sind ausgekühlt", sagte Blake. Gatlin: "Ich glaube, das hat Usains Verletzung begünstigt."

Ebenfalls geschlagen hat sich Mo Farah (34) verabschiedet. Der Brite, der über 5000 und 10.000 Meter jeweils zweimal Olympiasieger war und sechs WM-Titel holte, musste sich in seinem letzten großen Stadionlauf dem Äthiopier Muktar Edris geschlagen geben und mit 5000-m-Silber begnügen. Der Zehnkampf ging an den Franzosen Kevin Mayer (8768 Punkte), der Niederösterreicher Dominik Distelberger (7857) belegte Rang 17. (sid, red, 13.8.2017)