Bei Airberlin wurden die Probleme immer größer. Das bekamen auch die Passagiere zu spüren.

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Frankfurt – Die Nachricht kam nicht gänzlich unerwartet, aber letztlich dann doch überraschend. Air Berlin, die 1978 gegründete, mittlerweile zweitgrößte deutsche Fluglinie, ist insolvent und hat am Dienstag beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Insolvenzantrag gestellt.

Um zehntausende Kunden, vor denen ein gebuchter Flug liegt oder die gerade am Flughafen waren, zu beruhigen, sandte das Unternehmen aber sofort eine Mitteilung aus und stellte klar: "Alle Flüge der Air Berlin und Niki finden weiterhin statt."

Denn die deutsche Regierung lässt die klamme Airline nicht hängen und verhindert mit einem "Brückenkredit" von 150 Millionen Euro die Bruchlandung. Würde sie dies nicht tun, wäre die Airline zahlungsunfähig, die Flugzeuge müssten nach dem Insolvenzantrag sofort auf dem Boden bleiben. Geht es nach Air Berlin, soll für Niki kein Insolvenzantrag gestellt werden. 49,8 Prozent der Niki-Anteile wurden im Vorjahr bereits an Etihad, die nationale Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, verkauft.

Geldhahn zugedreht

Die deutsche Regierung war schon am Freitag von Air Berlin über die prekäre Lage informiert worden. Zu dieser war es gekommen, weil der Hauptaktionär Etihad nun endgültig den Geldhahn zudrehte. "Das Geschäft hat sich in beispielloser Geschwindigkeit verschlechtert", begründet die nationale Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, die seit 2012 29 Prozent an Air Berlin hält, den Schritt.

Noch im April hatte Hauptaktionär Etihad, der vor allem an den Slots (Start- und Landerechten) in Europa interessiert war, einen Kredit von 350 Millionen Euro für einen Zeitraum von 18 Monaten zugesagt. 250 Millionen flossen tatsächlich an Air Berlin, weitere 50 wären am Mittwoch fällig gewesen. Doch am Freitag teilte Etihad mit, dass nichts mehr kommt. Denn man sei "zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Air Berlin PLC keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht".

Deutsche Regierung einig

Daraufhin beschlossen in Berlin das Finanz-, Wirtschafts- und das Verkehrsministerium sowie das Auswärtige Amt einzuspringen, die Betriebsgenehmigung für Air Berlin bleibt durch das Luftfahrtbundesamt aufrecht.

Den Kredit vergibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der Bund verbürgt sich allerdings dafür. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist zuversichtlich, dass der Bund nicht zahlen muss: Denn Air Berlin verhandelt seit einigen Monaten mit der Lufthansa. Zu einer kompletten Übernahme wird es nicht kommen, da gebe es kartellrechtliche Bedenken.

Lufthansa an Slots interessiert

Aber die Lufthansa ist an den Slots interessiert. Schon jetzt fliegen Air-Berlin-Maschinen für die Kranich-Airline, auch für deren Billigtochter Eurowings und für die AUA. Die Lufthansa, deren Aktienkurs stieg, ist nicht der einzige Konkurrent, der zugreifen könnte. Auch Ryanair möchte sein Europageschäft ausbauen.

"Wir sind zuversichtlich, dass die Verhandlungen in absehbarer Zeit abgeschlossen werden können", sagt Dobrindt. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) betont: "Air Berlin ist eine funktionierende Airline und fliegt in aller Welt." Täglich werden 80.000 Passagiere befördert. Air Berlin selbst betont: "Alle Flüge sind weiterhin buchbar."

Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann erklärte am Dienstag: "Wir arbeiten unermüdlich daran, um in dieser Situation das Beste für das Unternehmen, für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter zu erreichen." Die Regierung geht davon aus, dass die 150 Millionen Euro bis Ende November reichen.

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Unklar ist, wie viele der 7.200 Jobs erhalten werden bleiben. Dobrindt meinte nur: "Klar ist, dass Unternehmensteile, die verkauft werden, Personal benötigen."

Air Berlin schreibt seit dem Jahr 2008 fast ununterbrochen Verluste. Bloß 2012 konnte man einen kleinen Gewinn verbuchen, nachdem die Airline das eigene Vielfliegerprogramm an den Großaktionär Etihad verkauft hatte.

2016 verbuchte Air Berlin mit gut 780 Millionen Euro einen Rekordverlust. Zusammen mit den Verlustvorträgen der vergangenen Jahre hat sich bis jetzt ein Schuldenberg von rund 1,2 Milliarden Euro angehäuft. Dobrindt machte Etihad aber keine Hoffnung, dass man bald Geld sehen werde. Wenn Air Berlin seine Slots verkaufe, "hat der Kredit des Bundes Vorrang". (Birgit Baumann, 15.8.2017)