Es gab eine Zeit, da herrschte Air-Berlin-Feeling. Die Fluglinie zeigte den Deutschen das neue Reisen und ließ den Platzhirsch Lufthansa alt aussehen: Air Berlin bot wenig Service, aber Billigtickets für viele Zielorte.

Fliegen war plötzlich nicht mehr nur jenen vorbehalten, die dafür viel Geld hinlegen konnten. Man hoppte kurz einmal auf die deutsche Lieblingsinsel Mallorca, später in angesagte Städte, dann auch in die USA und nach Afrika.

Zum Schluss gab es auch ein Air-Berlin-Feeling, aber ein ganz anderes: Flüge starteten verspätet oder gar nicht, Koffer kamen nicht an, bei Bilanzpressekonferenzen gab es nur noch Hiobsbotschaften. Dazwischen lag der Wunsch, überall dabei sein zu wollen: bei der Kurz-, der Mittel- und der Langstrecke. Bei den Billigtouris und den Geschäftsleuten.

Ein Management nach dem anderen fand aus diesem "Wir fliegen überall mit" nicht mehr heraus, die Schulden wuchsen. Dass Hauptaktionär Etihad jetzt nicht einmal mehr eine geordnete Abwicklung abwarten mochte, sondern frühzeitig den Geldhahn zudrehte, ist bitter, war nach ökonomischen Maßstäben aber zu erwarten.

Die Hilfe des Bundes ist wohl dem deutschen Wahlkampf geschuldet. Man wollte nicht tausende Arbeitnehmer und zehntausende Passagiere im Stich lassen. Man kann der Airline nur wünschen, dass beim Resteverkauf noch etwas übrig bleibt. Sonst wird ein wichtiges Kapitel deutscher Fluggeschichte äußerst traurig enden. (Birgit Baumann, 15.8.2017)