Niki hat seine Kollektivvertragsverhandlungen ausgesetzt, Mitarbeiter werden am Mittwoch über die Zukunft der Airline informiert.

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Berlin/Schwechat/Wien – Air-Berlin-Vorstandschef Thomas Winkelmann macht den Mitarbeitern des insolventen Unternehmens Hoffnung auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. "Ich glaube, trotz Insolvenz mein Ziel zu erreichen und einen Großteil der Jobs zu sichern. Das kriegen wir hin", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit" (Vorabbericht am Mittwoch). Der Schritt sei unvermeidlich gewesen. Das Insolvenzverfahren nach Erwartung der Airline am 1. November. Wie der neue Generalbevollmächtigte, Frank Kebekus, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur sagte, bekommen die Beschäftigten aber im August, September und Oktober wie gewohnt ihr Gehalt. "Damit sie nicht bis zum November warten müssen, finanzieren wir das Insolvenzgeld mit einer Bank vor.

Air Berlin verhandelt mit der Lufthansa und Insidern zufolge auch mit Easyjet über eine Übernahme von Unternehmensteilen. Dabei geht es vor allem um die Start- und Landerechte (Slots) an Flughäfen wie Berlin und Düsseldorf.

Thomas Cook zeigt Interesse

Auch der Reisekonzern Thomas Cook interessiert sich für Teile der insolventen Fluggesellschaft. Thomas Cook und die Ferienflug-Tochter Condor stünden für eine "aktive Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin bereit", sagte ein Thomas-Cook-Sprecher am Mittwoch. Air Berlin und die Tochter Niki befördern bereits einen Teil der Gäste von Thomas Cook in den Urlaub. "Thomas Cook und Condor sind bereit, eine aktive Rolle bei möglichen Auffanglösungen zu spielen."

ORF

Die deutsche Bundesregierung hat unterdessen die Kritik von Ryanair an der Hilfe für die insolvente Fluglinie Air Berlin zurückgewiesen. "Die Vorwürfe von Ryanair, es handle sich um einen inszenierten Insolvenzantrag, sind abwegig", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Mittwoch.

Erklärung kam überraschend

Für die gesamte Regierung sei die Erklärung des Air-Berlin-Hauptaktionärs Etihad am Freitagabend überraschend gewesen, dass die gemachten Zusagen nicht mehr fortgeführt würden. Die Bundesregierung sei erst von Air Berlin über die Entwicklung informiert worden und habe deshalb sehr schnell eine Entscheidung treffen müssen. "Wir gehen davon aus, dass sie beihilferechtlich konform ist", sagte die Sprecherin mit Blick auf den gewährten Übergangskredit von 150 Millionen Euro.

Für die kommende Woche seien Gespräche mit der EU-Kommission in Brüssel geplant. Wenn der deutsche Bund nicht eingesprungen wäre, hätte Air Berlin direkt nach dem Insolvenzantrag keine Flüge mehr durchführen können. Damit hätten Zehntausende Urlauber keinen Rückflug mehr gehabt.

Kollektivvertragsverhandlungen abgesagt

Bei Niki, dem österreichischen Ableger der Etihad/Air-Berlin-Gruppe, ist eine für den heutigen Mittwoch anberaumte Kollektivvertragsverhandlung für das Bordpersonal abgesagt worden. Die Runde ist "ausgesetzt", heißt es.

Zur Zeit stehen bei Niki andere Probleme im Vordergrund: Die Pleite des Mutterkonzerns Air Berlin stellt alles in den Schatten. Der Wiener Belegschaft steht bei den Tarifverhandlungen damit kein handlungsfähiger Partner zur Verfügung. Belegschaft und Management wollen alle Kräfte auf den Weiterbestand der Firma legen.

Die Niki-Geschäftsführung informiert am Mittwoch die Belegschaft über den Fortbestand des Unternehmens, heißt es zur APA. Die Botschaft: Niki ist vom gestrigen Insolvenzantrag von Air Berlin jetzt nicht betroffen. Die Flugpläne seien aufrecht, alle Flüge weiterhin buchbar. Die deutsche Regierung schützt Air Berlin gerade mit Staatshilfe davor, am Boden bleiben zu müssen.

Informationsrunden für Mitarbeiter

In diesen Stunden trommelt die Niki-Geschäftsführung in Wien-Schwechat immer wieder Mitarbeiter zu Informationsrunden zusammen, um die Lage zu erklären. Bodenmitarbeiter und Crews sollen verunsicherten Passagieren Rede und Antwort stehen können, was den aktuellen Informationsstand betrifft. Diese Informationsveranstaltungen werden so ablaufen, dass der Flugbetrieb nicht betroffen ist.

Niki hat beim bisher letzten Umbau der Air Berlin die Ferienflugstrecken im Konzern übernommen. Dazu gehörte, dass Niki direkt unter die Flügel des arabischen Air-Berlin-Hauptaktionärs Etihad kommt. Schon zum heurigen Jahreswechsel hat Etihad für die Niki-Anteilsübernahme 300 Millionen Euro an Air Berlin überwiesen. Der Deal ist behördlich noch nicht genehmigt, die 300-Millionen-Geldspritze von den Berlinern aber längst verbraten. Fakten hat Etihad aber schon geschaffen, auch nach außen: Die letzten Presseaussendungen über Niki-Winterflugpläne etc. trugen nur mehr die Briefköpfe von Etihad und Niki.

Merkel verteidigt Kredit

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Übergangskredit an die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin verteidigt. Zehntausende Reisende im Stich zu lassen, "weil Benzin nicht bezahlt werden kann und die Tickets verfallen, das wäre glaube ich nicht angemessen gewesen." Aus ihrer eigenen Partei sind heute allerdings Zweifel an der Rückzahlung laut geworden.

In einer im Internet übertragenen Fragerunde mit YouTubern sagte Merkel am Mittwoch, sie erwarte nicht, dass der Steuerzahler am Ende die Rettung des Unternehmens bezahlen müsse. Die Bundesregierung habe sich die Entscheidung für den Übergangskredit "sehr gut überlegt". (APA, Reuters, 16.8.2017)