Berlin/Wien – Das Insolvenzverfahren für Air Berlin beginnt nach Erwartung der Airline am 1. November. Wie der neue Generalbevollmächtigte, Frank Kebekus, sagte, bekommen die Beschäftigten aber im August, September und Oktober wie gewohnt ihr Gehalt. "Damit sie nicht bis zum November warten müssen, finanzieren wir das Insolvenzgeld mit einer Bank vor." Jurist Kebekus führt mit Vorstandschef Thomas Winkelmann auch die Verkaufsverhandlungen für die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft. Sein Ziel sei ein höchstmöglicher Schutz für die Arbeitnehmer, sagte Kebekus. "Aber es muss auch in das wirtschaftliche Konzept des Übernehmers passen."

Air Berlin, dessen vorläufiger Sachwalter der deutsche Sanierungsexperte Lucas Flöther ist, verhandelt mit Lufthansa und britischer Easyjet über eine Übernahme von Unternehmensteilen. Das deutsche Wirtschaftsministerium hält dies für kartellrechtlich unproblematisch. Ryanair hat aber Beschwerde dagegen eingelegt.

Air-Berlin-Chef Winkelmann sagte der Wochenzeitung Die Zeit, die Gespräche mit möglichen Partnern seien "sehr weit gediehen". Er glaube, einen Großteil der 8500 Arbeitsplätze sichern zu können. "Das kriegen wir hin."

Die Gespräche mit der Lufthansa und Easyjet liefen bereits Monate. In den Verhandlungen geht es vor allem um die Start- und Landerechte. "Die Slots sind das einzig Werthaltige. Die Ideallösung wäre, das so zu filetieren, dass nichts übrigbleibt", sagte ein Insider. "Lufthansa und Easyjet ergänzen sich dabei gut." In der Insolvenz werden aber die Karten neu gemischt. Denn nun geht es darum, für die Gläubiger das Maximale herauszuholen und die Slots meistbietend zu verwerten.

Der aktuelle Air-Berlin-Chef Winkelmann, der seit Februar amtiert und davor viele Jahre bei Lufthansa tätig war – zuletzt als Chef von Germanwings – ist im Fall von Zahlungsschwierigkeiten bei der Airline auf der sicheren Seite. Das Unternehmen ließ eine Bankgarantie von bis zu 4,5 Millionen Euro ausstellen, um die Verpflichtungen aus Winkelmanns Vertrag abzusichern, der bis Ende Jänner 2021 läuft. Das geht aus dem Geschäftsbericht hervor, berichtete Anfang Mai auch Die Welt.

Für den Fall einer ordentlichen Kündigung behält Winkelmann laut Geschäftsbericht Anspruch auf sein vertragliches Grundgehalt. Es liegt bei 950.000 Euro im Jahr und kann sich durch Boni verdoppeln.

Die staatliche deutsche Air-Berlin-Zwischenrettung war indirekt auch eine Rettung des Geschäftsbetriebes der Lufthansa-Tochter Eurowings. Das deutsche Luftfahrt-Bundesamt darf nämlich nur den Flugbetrieb einer Gesellschaft genehmigen, die auch Geld in der Kasse hat. Hätte Air Berlin seine Betriebserlaubnis verloren, wäre auch ein Teil der Eurowings-Flotte am Boden geblieben, weil sie nach wie vor unter Air-Berlin-Zulassungen fliegen, auch wenn die Flieger in Eurowings-Farben lackiert sind, so Die Welt online.

Viele Mitarbeiter in Wien

Eurowings Europe mit Sitz in Wien hat laut Gewerkschaft etliche hundert Mitarbeiter, zwei Drittel davon Kabinenpersonal und ein Drittel im Cockpit. Sechs Eurowings-Flieger sind in Wien stationiert, inklusive geleaster von Air Berlin. Ein Flieger steht in Salzburg und zwei auf Mallorca.

Die Insolvenz von Air Berlin trifft auch einen wichtigen Zulieferer: Das Schokoherz, das zum Markenzeichen von Air Berlin geworden ist, stammt ursprünglich von der Deutschland-Tochter von British Airways, DBA. In den 1990er-Jahren wollten sich die Briten von der etablierten Konkurrenz als freundlichere Airline absetzen – und verteilten Schokolade. Daraus entstand mit einem neuen Markenauftritt das Herz. (cr, dpa, Reuters, (16.8.2017)