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Eine bunte Koalition aus Aktivisten marschiert in Lincoln, Nebraska, gegen das Keystone-Projekt. Trump genehmigte die Pipeline im Rahmen einer seiner ersten Amtshandlungen.

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Nebraska/Wien – Terry J. van Housen verkauft nicht. 34.000 Dollar Einmalzahlung bot ihm die Pipelinefirma für einen Teil seines Ackers. Eine lebenslange Pacht für ein Rohr mit 91 Zentimeter Durchmesser, verbuddelt etwas mehr als einen Meter unter der Erde.

Die Farm des Bauers aus dem Städtchen Stromsburg in Nebraska sollte ein Teilstück der geplanten Keystone-XL-Pipeline werden, die täglich fast eine Million Barrel Öl transportieren könnte. Van Housen baut Getreide an und besitzt eine Viehzucht mit zehntausend Rindern. Seit 1973 betreibt er den Bauernhof mit seiner Frau, mittlerweile auch mit Sohn James (24) und seiner Tochter Katie (22). "Es gibt nichts Gutes an dieser Pipeline", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD.

Damit kommt Terry van Housen seinem Präsidenten in die Quere. In seinen ersten Tagen im Weißen Haus genehmigte Donald Trump den Bau der Keystone-XL-Pipeline. Einzige Vorgabe Trumps: Es muss US-amerikanisches Stahl verwendet werden. In Nebraska jedoch hat sich im Widerstand gegen die Pipeline ein wilder Mix aus Bauern, Umweltschützern und Indigenen formiert.

Staatliche Kommission

Sie gingen vergangene Woche in der Hauptstadt Nebraskas, Lincoln, vor eine staatliche Kommission. Sie muss bis November entscheiden, ob der Bau der Pipeline im "öffentlichen Interesse" liegt. Es ist eines der vorläufig letzten Hürden für das Pipelineunternehmen TransCanada, das die Pipeline errichten will.

Die Geschichte der Keystone-XL-Pipeline beginnt in den Athbasaca-Ölsanden in der kanadischen Provinz Alberta. Dort gibt es zwar große Ölvorkommen. Doch sie liegen weit weg vom Meer und Tankern, die das Öl zu den internationalen Umschlagplätzen transportieren könnten. Kanada hat also mehr Öl, als es exportieren kann.

Der Staat genehmigte die Pipeline im Jahr 2010. Sie soll das Schweröl nahezu ohne Kurven über nördliche US-Bundesstaaten wie Nebraska an die texanische Golfküste bringen, wo die meisten der amerikanischen Ölraffinerien stehen. Keystone-XL soll zusätzlich zu einer bestehenden Pipeline errichtet werden. Befürworter sagen, die USA und Kanada werden durch das Projekt noch weniger von Ölquellen im Nahen Osten abhängig, was niedrigere Spritpreise für Konsumenten bedeuten würde.

Doch Klimaaktivisten kritisierten das Projekt, weil damit auf fossile Energien gesetzt wird. US-Präsident Barack Obama folgte 2015 schließlich solchen Einwänden. Er erteilte keine präsidentielle Erlaubnis für das Projekt, obwohl der Senat kurz davor für den Bau gestimmt hatte. Die Pipeline würde weder zu niedrigeren Ölpreisen noch nachhaltigen Jobs oder mehr Energieunabhängigkeit führen, sagte Obama. Doch dann kam Trump und machte die Entscheidung rückgängig.

Eingriff in die Umwelt

Das Pipeline-Projekt wird aber auch von Umweltschützern heftig kritisiert. Denn bei den Ölvorkommen in Alberta handelt es sich nicht um "gewöhnliches" Öl: Es ist stark mit Sand vermischt, sehr dickflüssig und bisweilen sogar schwerer als Wasser. Zuerst muss es verflüssigt werden, damit man es überhaupt abbauen und aus dem Bohrloch bekommen kann. "Man injiziert Heißdampf oder gewisse Chemikalien, um das Erdöl aus der Gesteinsmatrix herauszuspülen", sagt Herbert Hofstätter, Experte für Erdölwirtschaft an der Montan-Universität Leoben. Zwar ist es für die Umwelt vorteilhaft, dass das natürlich vorkommende Schweröl so zähflüssig ist, dass es nur wenige Zentimeter in den Lehmboden eindringen kann.

Doch die Chemikalien, mit denen das Öl vermischt wird, um es fördern zu können, dringen ins Grundwasser ein, so Hofstätter.

Den Bauer van Housen treiben andere Sorgen an. Denn sein Grundstück liegt über dem Ogallala-Aquifer, einem bedeutenden Grundwasserbecken. "Was, wenn die Pipeline unter uns leck ist? Das Öl geht in unser Wasser, das wir für die Felder und Rinder brauchen." Ihm wäre es lieber, wenn das Öl – wie es bisher teilweise passierte – per Zug oder Lkw transportiert wird. "Einen Unfall an der Oberfläche kannst du nicht vertuschen", sagt der Farmer.

Hoffnung auf Monitoringsystem

Hofstätter widerspricht dem. Eine Pipeline sei aus sicherheitstechnischer Sicht auf alle Fälle zu bevorzugen. "Die heutigen Monitoringsysteme melden ein Leck in der Pipeline sofort."

Entscheidet die Kommission in Lincoln, Nebraska, im November für den Bau, darf TransCanada Grundstücke für die Pipeline enteignen lassen. Die Aktivisten in Nebraska haben für diesen Fall bereits einen "zivilen Ungehorsam" angekündigt. "Ich bin ich auf jeden Fall dabei!", sagt der Farmer van Housen. (Felix Diewald, 18.8.2017)