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Gazprom gewinnt in Europa stetig an Boden.

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Kalter Winter, heißer Sommer: Gazprom profitiert heuer von dem eher kontinentalen Klima in Europa. In den ersten acht Monaten hat der Konzern auf dem europäischen Markt ein Absatzplus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt.

Bis Jahresende rechnet Gazprom mit dem Verkauf von 185 Milliarden Kubikmeter Gas ins sogenannte "ferne Ausland" – darunter versteht der kremlnahe Konzern Europa ohne das Baltikum, aber stattdessen mit der Türkei. Das wäre ein absoluter Rekord. Schon 2016 hatte der russische Exportmonopolist mit 179,3 Milliarden Kubikmeter ein neues Allzeithoch erreicht.

"Am 9. August betrug die Tagesauslastung unserer Exportpipelines ins ferne Ausland 562 Millionen Kubikmeter. Das übersteigt die maximale Auslastung während des Winters 2015/2016", verkündete Gazprom-Chef Alexej Miller in der vergangenen Woche stolz.

Ein Teil der Exportsteigerungen ist auf den wachsenden Energiebedarf der Europäer zurückzuführen: Sowohl Wärmegewinnung als auch Stromproduktion aus Erdgas haben zugenommen. Neben dem Faktor Wetter spielte hier auch das Wirtschaftswachstum in Europa eine Rolle. Auch die größten Konkurrenten Gazproms auf dem europäischen Markt, Norwegen, Algerien und die Vertreiber von Flüssiggas (LNG), konnten Zuwächse verzeichnen.

Gazprom im Preiskampf

Trotzdem ist Gazprom der unbestrittene Hauptgewinner der guten Konjunktur in Europa. Denn die Russen haben gegenüber ihren Konkurrenten Marktanteile gewonnen. Derzeit gehen 30,7 Prozent der EU-Gasimporte auf das Konto von Gazprom, ein Plus von 1,9 Prozent. Der russische Energieexperte Wladimir Milow nennt als Grund "Preisdumping" vonseiten Gazproms. "Mit so billigem Gas kann LNG nur schwer konkurrieren", schrieb der Ex-Vizeenergieminister.

Die Konkurrenz für Gazprom wird aber härter. Die jüngst von den USA erlassenen Sanktionen haben zwar keine Auswirkungen auf bestehende Lieferungen, verteuern aber künftige Pipelinebauten wie Nord Stream 2, an der sich eigentlich auch die OMV beteiligen wollte. Potenzielle Partner Gazproms werden ihr finanzielles Engagement an solchen Projekten überdenken, wenn sie mit Strafen rechnen müssen.

Zudem gibt es in den USA nicht nur den politischen Willen, russisches Erdgas durch eigene LNG-Lieferungen zu ersetzen, sondern auch wirtschaftliche Gründe, dieses Gas Richtung Europa umzuleiten: Die lange im asiatischen Markt geltende Prämie für Energielieferungen ist nämlich drastisch gesunken. Somit werden viele LNG-Produzenten sich nach anderen Märkten umsehen.

Schon Anfang 2018 könnte der Kampf um Marktanteile in Europa in die nächste Runde gehen. Für Gazprom bedeutet das weiter niedrige Preise und kaum Gewinn. Die nun veröffentlichten Zahlen demonstrieren dies. Im ersten Halbjahr erlitt das Unternehmen einen deutlichen Gewinneinbruch. (André Ballin aus Moskau, 17.8.2017)