Wien/Hallstatt – Im Hallstätter Salzbergtal dürfte vor 3.000 Jahren Speckproduktion in quasi-industriellem Maßstab stattgefunden haben – vielleicht war es sogar die älteste massenweise Verarbeitung von Schweinefleisch in Europa. Woher die Tiere stammten, war bislang unbekannt. Laut Experten des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien haben DNA-Untersuchungen nun aber ergeben, dass die Spur an die Donau und in den Süden Österreichs führt.

Als Hinweis dienen über 6.000 Schweineknochen aus dem Salzbergtal, die von Archäologen untersucht wurden. Die enorme Anzahl an Knochen habe die Frage aufgeworfen, woher die Schweine gekommen seien, da es in der näheren Umgebung im Winter für große Schweineherden nicht ausreichend Futter gegeben habe, sagt Hans Reschreiter von der prähistorischen Abteilung des NHM, der die Ausgrabungen und Forschungen im prähistorischen Salzbergwerk Hallstatt leitet.

Schweinetrieb in großem Stil

Deshalb habe man angenommen, dass bereits vor 3.000 Jahren ein logistisches System bestanden haben müsse, über das die Schweine angeliefert wurden. DNA-Untersuchungen des NHM und der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien hätten nun einen ersten Beleg dafür erbracht.

Hunderte kastrierte Schweine im besten Schlachtalter von zwei bis zweieinhalb Jahren seien jedes Jahr nach Hallstatt getrieben und tranchiert worden, um anschließend in riesigen Holzbecken gepökelt und im Bergwerk getrocknet zu werden, sagt Reschreiter. Der Archäologe untersucht das Beziehungsgeflecht des einstigen Wirtschaft- und Industriebetriebs Hallstatt.

Die Auswertung der Knochen habe ergeben, dass die Tiere von Schweinezüchtern im Alpenvorland entlang der Donau oder im Süden (Judenburger und Klagenfurter Becken) stammten, so Reschreiter. Deren große Schweineherden haben vermutlich in Eichenmischwäldern gelebt und sich im Winter selbst von den abgefallenen Eicheln ernährt. In einem weiteren Projekt soll nun die DNA von einer noch größeren Anzahl an Knochen untersucht werden, um dieses Ergebnis zu überprüfen, sagte der Experte.

Die Verarbeitung

Zudem seien die Tiere in einer ganz speziellen Tranchiertechnik zerlegt worden, so Reschreiter: "Dabei werden die Schweine nicht wie heute üblich vom Bauch her geöffnet, sondern es wird am Rücken begonnen und der Brustkorb ausgelöst." Diese Technik finde sich bis heute in Teilen Kärntens, die als Zulieferregionen des bronzezeitlichen Hallstatt infrage kämen, und habe sich möglicherweise 3.000 Jahre gehalten, sagte der Wissenschafter.

Das Handelsnetzwerk wurde auch für die Beschaffung von Betriebsmitteln genutzt. "Bei den Werkzeugstielen sehen wir bereits um 1200 v. Chr., dass Hunderte davon aus dem Alpenvorland nach Hallstatt importiert wurden", so Reschreiter. Das dortige Salzbergwerk sei ein hochorganisierter Betrieb gewesen, der Nahrung, Betriebsmittel und auch Kleidung für die Bergleute bereitgestellt und so eine reibungslose Salzproduktion gewährleistet habe. Die Abbauorte waren für jahrzehntelangen Betrieb ausgelegt, berichtete der Archäologe. (APA, red, 18. 8. 2017)