Zuerst die gute Nachricht: Barack Obama hat den meist beachteten Tweet aller Zeiten ins Netz gejagt. Die schlechte Nachricht ist allerdings: Es ist zutiefst beängstigend, Menschen wieder daran erinnern zu müssen, dass die Menschen gleichwertig sind, egal welcher Hautfarbe und Religion, und dass niemand hassend zur Welt kommt. Originaltext übrigens von Nelson Mandela.

Allein die bloße Notwendigkeit solcher Botschaften zeigt deutlich, wohin Amerika sich bewegt: relativ zügig an den Rand des Irrsinns und eventuell schon bald darüber hinaus. Es ist kaum auszuhalten, dass in einem Land, das so entschlossen daran beteiligt war, das faschistische Regime zu zerschlagen, nun ein Präsident das Ruder in der Hand hält, der mit ebendiesen neu nachgewachsenen Faschisten sympathisiert.

Menschen, die ihr Leben riskierten, um Nazis zu besiegen, Angehörige von Menschen, die im Kampf gegen den Nationalsozialismus ihr Leben ließen – sie alle müssen fassungslos und zornentbrannt zusehen, wie der unter zweifelhaftesten Umständen gewählte Präsident Nazis die Stange hält und friedliche Demonstranten in seinen Worten plötzlich zu Mitschuldigen der Ermordung einer jungen Frau durch Alt-Right-Anhänger mutieren. Hauptsächlich, weil der Präsident nicht die Hand beißen will, die ihn füttert, und sicherheitshalber nur Beschwichtigungen und Lügen parat hat.

Immerhin sind in der Menge der Schläger auch einige Trump-Supporter samt Kapperln gesichtet worden. In Trumps Amerika werden Fackelumzüge mit Hakenkreuzfahnen abgefeiert, "Tod den Juden!" skandiert, Schwarze von Nazis gejagt. Es ist sogar möglich, dass der ehemalige Chef des Ku-Klux-Klans rührselige Dankesbotschaften an ihn richtet – und das nur kurze Zeit nach dem feigen Anschlag per Auto.

Ein tobender Irrlichternder ohne Impulskontrolle wird Trump schon seit längerem von Kritikern genannt. Aber "Naziförderer", das ist sogar für ihn in dieser Deutlichkeit neu. Es wird weit mehr brauchen als ein schönes Zitat, um Trump aus dem Amt zu entfernen. Aber es kann durchaus mit einem Zitat beginnen. (Julya Rabinowich, 18.8.2017)