Wien – Wirtschaftskammer und Bauindustrie weiß Noch-Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hinter sich. Sie urgierten bei der Verlängerung der Transsibirischen Breitspurbahn nach Österreich am Freitag Taten. Leichtfried nutzt seine mutmaßlich letzten Wochen als Minister, um die Notwendigkeit der auf 6,5 Milliarden Euro taxierten 400 Kilometer langen einspurigen Bahnstrecke von Kosice in der Ostslowakei ins Wiener Umland zu untermauern.

Allein die 30 Kilometer Bahngleise auf heimischem Boden würden 85 Millionen Euro kosten, 850 Millionen die neuen Güterterminals, um Waren aus China auf die Normalspurbahn zu verladen. Eine weitere Milliarde Euro wird für Kapazitätserweiterungen veranschlagt, die im österreichischen Schienennetz nötig werden.

Rückendeckung der Slowakei unklar

Mehr als unsicher ist freilich, wie sehr die slowakische Regierung hinter dem auch hierzulande nicht unumstrittenen Projekt steht. Die Ostslowakei würde durch eine Anbindung in Österreich wichtigen Güterverkehr an die Twin-City-Region Wien/Bratislava verlieren, weshalb das Interesse zuletzt als gedämpft galt, zumal die Slowaken rund fünf der insgesamt 6,5 Milliarden Euro stemmen müssten.

Der Dritte im Bunde, die russische Staatsbahn RZD, signalisierte seit der Finanzkrise kaum mehr Zahlungsbereitschaft. Vor zehn Jahren war das noch anders, damals trieben die Russen das Projekt voran – wohl auch mit dem Hintergedanken, die Breitspurachse von der Ukraine nach Ungarn (dort verfügt Österreich über die Ungarn-Tochter der Rail Cargo Austria über Breitspuranbindung) zu schwächen.

"Schüttere Förderkulisse"

Wiewohl Österreich am Kreuzungspunkt von EU-Bahnkorridoren liegt: "Die Förderkulisse ist derzeit eher schütter", räumte Leichtfried auf Nachfrage des STANDARD ein. Aber das Projekt sei wirtschaftlich darstellbar, wenn man nur Investoren findet. Umso größer ist das dadurch ausgelöste Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum. Nicht weniger als 127.000 neue Arbeitsplätze in den ersten 45 Jahren errechnete Deloitte im Auftrag des Ministeriums, wobei die Bauphase von 2023 bis 2033 angenommen wird. Erst danach beginnt die Betriebsphase mit jährlich rund 20.000 Zügen (mit 67 Waggon mit je zwei Container).

Die Gesamtwertschöpfung nach 30-jährigem Betrieb (bis 2054) wurde mit 30 Milliarden Euro errechnet; davon 15 für Österreich, zehn für die Slowakei. "Der Warenverkehr aus China kommt", mahnt Leichtfried. "Österreich muss sich entscheiden, ob es mitmacht." Die Studie bleibt übrigens unter Verschluss. (ung, 18.8.2017)