Diese Entwicklung ist wirklich atemberaubend. Ende Juni erst war der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder der beste Wahlhelfer von Kanzlerkandidat Martin Schulz. Er rief die Delegierten des SPD-Wahlparteitages in Dortmund zum Kämpfen auf und empfahl sich selbst als Vorbild beim Wettlauf um Wählerstimmen.

Die SPD, die zu Schröder immer ein zwiespältiges Verhältnis hatte, war begeistert. Zwar liebt sie ihn wegen seines Neins zum Irakkrieg. Aber Teile hadern immer noch wegen der Sozialreformen mit ihm. Und seine Russland-Geschäfte, die findet kaum jemand gut.

Aber sei's drum, wahlkämpfen konnte Schröder immer, da waren die Genossen bereit, über das Geschäftliche und sein unkritisches Verhältnis zu Wladimir Putin ("lupenreiner Demokrat") hinwegzusehen.

Und jetzt der Job bei Rosneft – einem Unternehmen, das auf der Boykottliste der EU steht. Natürlich ist es Schröders Privatangelegenheit, wenn er sich seinen Ruf endgültig ruinieren will. Die Demontage wird ja gut bezahlt. Aber wie schnell er seine wahlkämpfenden Genossen vergessen hat, die sich abmühen, ihre Botschaft von Gerechtigkeit und auch einer starken EU durchzubringen, ist unfassbar.

Klar, Angriffe von anderen Parteien gehören im Wahlkampf dazu. Aber der ohnehin schwer geplagte Schulz hat jetzt auch noch das Schröder-Problem auf dem Buckel. Er kann einem mit dieser Last ziemlich leidtun. (Birgit Baumann, 18.8.2017)