Wien – Das erklärte Ziel von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach der Nationalratswahl am 15. Oktober ist die Verhinderung einer Neuauflage der rot-schwarzen Koalition. "Das geht nur mit einer Stimme für die FPÖ", sagte der Parteiobmann am Montagabend im ORF-"Sommergespräch", bei dem er mehrmals den Begriff der "Fairness" in den Vordergrund stellte.

Heinz-Christian Strache über einen neuen Politik-Stil.
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H.-C. Strache über gefühlte und tatsächliche Gefahren.
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Der FPÖ gehe es um Werte wie "Fairness", "Freiheit" und "Fortschritt", sagte Strache auf die Frage nach dem freiheitlichen Wirtschaftsprogramm, das am Mittwoch vorgestellt werden soll. "Leistung muss sich lohnen", sagte der Parteichef. Die FPÖ werde ein "sozial-marktwirtschaftliches Programm" präsentieren. Dabei sei es "kein Widerspruch, ein Wirtschaftsprogramm zu haben, das Leistung belohnt und nicht bestraft". Das Programm werde sowohl "arbeitnehmerfreundlich" wie auch "angestelltenfreundlich und unternehmerfreundlich" sein.

Nein zur Erbschaftssteuer

Ein klares Nein gab es erneut zu einer Erbschaftssteuer, denn auch eine solche lasse sich mit dem Begriff der "Fairness" nicht vereinbaren. Die Menschen würden ein Leben lang für ihre Kinder arbeiten und tagtäglich Steuern zahlen – dass man dann vom Vererbten auch noch Erbschaftssteuer zahlen müsse, sei "nicht gerecht und nicht fair". Er wolle "keine Klassenkampfdebatte", vielmehr müsse die Politik dafür sorgen, dass mehr Netto vom Brutto bleibt.

Der FPÖ-Chef über repräsentative und direkte Demokratie.
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Gleichzeitig ortete Strache eine "Fairnesskrise": So sei es höchst an der Zeit gewesen, einen Mindestlohn von 1.500 Euro einzuführen – und es brauche auch eine Mindestpension, und zwar in der Höhe von 1.200 Euro. Fairnessmängel sieht der FPÖ-Chef aber etwa auch im Bereich der Mindestsicherung, wo viele etwas erhalten würden, obwohl sie noch nie etwas eingezahlt hätten, wie er mit Blick auf die Flüchtlinge sagte.

"Unverantwortliche Willkommenskultur"

Versagen warf Strache der Regierung vor, als die Debatte auf den aktuellen Terror in Europa zu sprechen kam. Im Jahr 2015 habe man mit einer "unverantwortlichen Willkommenskultur" die Grenzen nicht geschützt. "Da verlieren die Menschen schon den Glauben an die Verantwortungsträger." Man müsse "aktiv dagegen arbeiten, man muss solche radikale Entwicklungen bekämpfen", so Strache. Man habe "große Verantwortung, dass nicht durch Entwicklungen, wie sie zugelassen worden sind, wir am Ende unsere Freiheit verlieren".

Strache über Freiheit versus Sicherheit.
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Auf das Thema "Freiheit" kam Strache auch im Zusammenhang mit dem österreichischen Kammersystem zu sprechen: Dieses widerspreche ebenfalls der Freiheit. Zwar solle es die Sozialpartnerschaft und die Kammern weiterhin geben, die Beiträge sollten aber freiwillig sein, so der Wunsch des FPÖ-Chefs. "Wir wollen zumindest die Kammerumlage halbieren", das sei auch eine Koalitionsbedingung.

Stärkste Partei soll Regierungsbildungsauftrag bekommen

Zu seinem Wahlziel befragt, sagte Strache erneut, Ziel sei, dass man Vertrauen dazugewinne. Er habe in den zwölf Jahren seiner Parteiobmannschaft die Partei von drei Prozent auf über 20 Prozent geführt; auch habe sich gezeigt, dass die FPÖ "in vielen Bereichen mit der Themenführerschaft gepunktet habe" – jetzt vor der Wahl würden viele Mitbewerber zumindest verbal eingestehen, dass es Fehlentwicklungen gegeben habe.

Fix ist für Strache, dass die stärkste Partei nach der Wahl mit der Regierungsbildung beauftragt werden soll. Was es mit ihm fix nicht geben werde, sei, dass die FPÖ etwa als zweite Kraft der dritten zur Kanzlerschaft verhilft, sagte er mit Blick auf das Jahr 1999, als Wolfgang Schüssel mithilfe der FPÖ von der dritten Position auf den Kanzlerthron sprang.

Knapp 800.000 sahen zu

Strache hat die bisher beste Zuseher-Quote bei den ORF-"Sommergesprächen" 2017 geholt. Durchschnittlich 798.000 Interessierte folgten (im Schnitt) der Sendung Montagabend, was einem Marktanteil von 28 Prozent entspricht. Das erste "Sommergespräch" mit Neos-Chef Matthias Strolz sahen 552.000 (Marktanteil 21 Prozent), Grünen-Bundessprecherin Ingrid Felipe konnte im Schnitt 511.000 Zuseher vor den Bildschirm holen (MA 22 Prozent).

ATV bringt "Reality Check" statt "Klartext"

Nach dem Abgang von "Klartext"-Moderator Martin Thür zum Quo Vadis Veritas-Projekt von Dietrich Mateschitz ändert ATV übrigens sein Programm rund um die Nationalratswahl. Statt der geplanten "Klartext"-Ausgaben präsentiert Sylvia Saringer ab Mitte September das neue Format "ATV Meine Wahl – Reality Check". Saringer geht dabei mit den Spitzenkandidaten auf Wahlkampftour und führt danach ein "Faktengespräch". (APA, 21.8.2017)