Kurz nach ihrer Entstehung bedeckte die Erde geschmolzenes Gestein. Daraus ging die erste Erdkruste hervor, die noch nicht in einzelne Platten unterteilt war.

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Bochum – Jene Prozesse, die für das Werden und Vergehen der Kontinente verantwortlich sind, waren in den vergangenen drei Milliarden Jahren nicht immer gleichförmig. Forscher aus Deutschland und der Schweiz konnten nun anhand von Computersimulationen Veränderungen bei der Plattentektonik nachweisen, die letztlich zu den heutigen Landmassen, Ozeanen und womöglich auch zu unserer Atmosphäre geführt haben.

Während ihrer Entstehungszeit vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren durchlief unsere Erde eine Phase – vielleicht sogar mehrere –, in der sie hauptsächlich aus geschmolzenem Gestein bestand. Als sie sich abkühlte, bildeten sich festes Gestein und damit die Erdkruste. Generell existierten und existieren zwei Arten der Erdkruste: eine leichtere, siliziumreiche kontinentale Kruste, die das trockene Land über dem Meeresspiegel bildet, und eine dichtere ozeanische Kruste, die das Wasser in Form großer Ozeane sammelt. "Genau diese Eigenschaften machen die Erde zu einem bewohnbaren Planeten", sagt Sumit Chakraborty von der Ruhr-Universität Bochum. "Bislang wurde nichts Vergleichbares im Universum gefunden."

Erde ohne Plattentektonik

Obwohl schon auf der jungen Erde Kontinente und Ozeane existierten, gab es zunächst keine Platten und somit auch keine Plattentektonik. Wann sich diese bildeten, ist umstritten. Klar ist nur: Die Erdkruste nahm ihre heutige dynamische Form nur langsam an. An manchen Stellen schmilzt Krustenmaterial auf, an anderen Stellen bilden sich neue Platten aus heißem Material, das aus dem Inneren der Erde aufsteigt.

Es ist aber nicht nur ungewiss, seit wann es die Plattentektonik gibt; offen ist auch, ob dieser Prozess schon immer gleich abgelaufen ist und ob Kontinente ewig haltbar sind oder recycelt werden. Mit diesen Fragen beschäftigte sich das deutsch-schweizerische Forscherteam. Ihr neues thermomechanisches Computermodell legt nahe, dass die Plattentektonik vor etwa drei Milliarden Jahren entstand. Es zeigt außerdem, wie vor rund zwei bis drei Milliarden Jahren die damalige kontinentale Erdkruste – reich an Eisen und Magnesium – zerstört wurde und sich daraus die heutige siliziumreiche Kontinentalkruste formte.

Kontinentales Recycling

Kontinente wurden auf der jungen Erde sehr häufig recycelt. Auch heute noch findet kontinentales Recycling statt, wenn zwei Kontinente kollidieren, aber langsamer und auf eine andere Art und Weise als früher. Auf der alten, noch heißen Erde blätterten dünne Schichten von der Erdkruste ab; auf der modernen Erde hingegen reißen manchmal ganze Teile der Kontinentalkruste in den Subduktions- und Kollisionszonen ab, also dort, wo sich eine Platte unter eine andere schiebt.

Die Forscher nehmen laut ihrer Studie im Fachjournal "Nature Geosciences" an, dass die Zerstörung der alten Eisen-Magnesium-Erdkruste entscheidend war für das Entstehen der siliziumreichen Kontinente und dafür, dass sich diese in großem Umfang über den Meeresspiegel erheben konnten. Dieser Wandel im kontinentalen Charakter könnte auch zur großen Sauerstoffkatastrophe auf der Erde beigetragen haben, vermuten die Wissenschafter – und damit zum Ursprung des Lebens, wie wir es heute kennen. (red, 23.8.2017)