Cambridge University Press (CUP) hat zunächst dem Druck der chinesischen Führung nachgegeben und Inhalte aus dem wissenschaftlichen Journal China Quarterly für chinesische Leser blockiert. Darauf kam das älteste Verlagshaus der Welt unter ebenso starken Druck der westlichen akademischen Welt – und lenkte erneut ein. Die 315 Artikel, die sich mit aus Pekinger Sicht heiklen Fragen wie Tibet und Tiananmen beschäftigen, sind wieder frei verfügbar. Wohl nicht lang, denn CUP muss nun befürchten, dass China die gesamte Zeitschrift sperrt.

Das renommierte Verlagshaus hat dennoch richtig gehandelt, denn hier stand auf symbolträchtige Weise die Freiheit der Wissenschaft auf dem Spiel. Aber der Vorfall zeigt, wie schwer sich westliche Verlage und Internetkonzerne im Umgang mit autoritären Staaten tun.

So hat Google einst den Zensurforderungen Chinas nachgegeben und zugelassen, dass politisch unerwünschte Einträge auf chinesischen Computern nicht mehr aufscheinen. Dann aber hat sich der IT-Riese – wie andere US-Konzerne – eines Besseren besonnen. Den Ausschlag gaben dabei weniger hehre Prinzipien als vielmehr Sorgen um das Image im Heimmarkt USA, wenn man sich zum Werkzeug einer Diktatur machen lässt. Der Meinungsfreiheit in China hat es nichts genützt: Google, Facebook oder Instagram sind seit Jahren gesperrt. Chinesen verwenden Dienste wie Baidu, die gegenüber der Zensur höchst gefügig sind.

Auch in Europa müssen sich diese Konzerne mit der Frage herumschlagen, wie weit sie politischen Forderungen nach Löschung gewisser Einträge nachkommen sollen. Auch wenn man das "Recht auf Vergessen" in Suchmaschinen und den Kampf gegen Hasspostings in sozialen Medien nicht mit der chinesischen Zensur gleichsetzen kann – Google und Facebook sehen sich auch hier unter Druck, von der in den USA geübten Praxis und dem Prinzip der Informations- und Meinungsfreiheit abzuweichen, um den Zugang zu lukrativen Märkten zu erhalten. Das sollten auch europäische Politiker bedenken, bevor sie forsch neue Einschränkungen fordern.

Es ist zu hoffen, dass sich große und kleinere Unternehmen auch in Zukunft der Zensur in China nicht beugen. Je weiter sich die chinesische Gesellschaft öffnet, desto schwerer wird es dem Regime fallen, seine Internetblockaden aufrechtzuerhalten. Ein einmal geopfertes Prinzip aber ist unwiederbringlich verloren. (Eric Frey, 22.8.2017)