Der amerikanische Präsident hat also sieben Monate nach seinem Amtsantritt seine neue Afghanistan-Strategie verkündet: Und nun wäre es die Aufgabe der Kommentatoren, sie zu erläutern, zu analysieren, zu loben oder zu kritisieren. Allein das ist gar nicht so einfach. Denn die Eckpunkte der Strategie fehlen auch nach der Rede des Präsidenten. Donald Trump gab weder Weg noch Ziel genauer bekannt – außer man definiert "Terroristen töten" und den danach hoffentlich eintretenden himmlischen Frieden als eine solche.

Diese Bewertung mag angesichts der Tatsache, dass vor Trump bereits zwei Präsidenten – George W. Bush und Barack Obama – in Afghanistan gescheitert sind, übertrieben boshaft erscheinen. Aber Trump hat wie üblich seinen Auftritt dazu benützt, Obama anzuschütten. Er macht nun zwar etwas anderes, als er ursprünglich wollte – aber anders als das, was Obama tat, soll es noch immer sein.

Klar ist im Grunde aber bisher nur folgende Politikänderung: Die USA werden nicht mehr, wie bisher, ihre Absicht bekunden, möglichst schnell und komplett aus Afghanistan abzuziehen. Dass dieses "Raus aus Afghanistan" genau das war, was Trump stets gefordert hat: Schwamm drüber.

Man kann sehr wohl argumentieren, dass Obamas Vorgehen, seine – letztlich auch für ihn uneinhaltbaren – Abzugsfahrpläne offen zu deklarieren, vor allem den Taliban zugutekam. Trump hat sich von seinen Militärs davon überzeugen lassen, dass die Supermacht USA, die bei ihren Verbündeten an Vertrauen eingebüßt hat, einen längeren Atem als alle anderen haben muss.

Das notorische Madman-Image

Und so lange am Hindukusch bleiben muss wie nötig: Hier hört sich jedoch jede Klarheit auf. Dass die geplante Aufstockung um knapp 4.000 US-Soldaten auf gut 12.000, die vor allem als Ausbildner und Berater tätig sind, keine militärische Wende bringen wird, weiß jedes Kind. Sich wieder mehr beim Aufbau des afghanischen Staatswesens zu engagieren, lehnt Trump ab: Es werde kein "nation-building" geben. Dafür diplomatische Initiativen: mit einem US-Außenministerium, das der Präsident links liegen lässt und am liebsten abschaffen würde. Die USA haben im Moment noch nicht einmal einen Botschafter in Kabul.

Auch die Aufforderungen an Pakistan, die Rückzugsmöglichkeiten für Taliban und extremistische Netzwerke an seiner Grenze zu Afghanistan zu beenden, sind nicht neu und haben bisher nichts gefruchtet. Vielleicht setzt Trump bewusst oder unbewusst auf sein notorisches Madman-Image, um Islamabad dazu zu bringen, besser zu kooperieren. Ein US-Präsident könnte sich jedoch auch mit der angespannten Situation auf dem indischen Subkontinent – und den Sicherheitsbedürfnissen Pakistans, die unter anderem hinter diesen Spielchen stecken – befassen.

Obamas Absicht war es, zumindest nicht geschlagen aus Afghanistan abzuziehen. Im ersten Halbjahr von Trumps Präsidentschaft rutschten die USA jedoch wieder in die Verliererzone – daran änderte der erstmalige Einsatz einer Elf-Tonnen-Bombe Mitte April auch nichts. Trump hat den mittlerweile im 16. Jahr stehenden Krieg geerbt und muss erleben, dass die Vorstellung, einfach aufstehen und den afghanischen Sumpf verlassen zu können, die eines Privatmannes war. Aber nun ist er der Präsident. Und zwar einer, in dessen Weißen Haus die Generäle das Sagen haben. (Gudrun Harrer, 22.8.2017)