"Obergrenze" muss die Obergrenze zwar nicht mehr heißen. CSU-Chef Horst Seehofer will die Idee in einem Regierungsprogramm der Union aber wiederfinden.

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Die CSU ist keine arme Partei. Sie hat bei der letzten Landtagswahl 2013 satte 47,7 Prozent der Stimmen und damit die absolute Mehrheit geholt, entsprechend üppig ist die staatliche Parteienförderung, die ihr zusteht. Aber gewisse, wichtige Themen im Wahlkampf zu platzieren und entsprechend zu bewerben, das ist keine Frage des Geldes. Da muss der Chef, also Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer selber ran.

Also hat er jetzt wieder einmal über die "Obergrenze" für Flüchtlinge gesprochen. Zur Erinnerung: Seehofer will unbedingt, dass die Regierung sich dazu bekennt, pro Jahr nur 200.000 Flüchtlinge nach Deutschland zu lassen. Aber weder die SPD noch Kanzlerin Angela Merkel stimmen ihm zu. "Ich bin gegen eine Obergrenze", hat Merkel ein ums andere Mal gesagt und damit das Thema in der ihr eigenen Art einfach abgeräumt.

In den "Bayernplan" verräumt

An den Zahlen gemessen, ist das Thema Obergrenze auch nicht das Dringlichste in der Bundesrepublik. Denn im ersten Halbjahr 2017 kamen laut dem deutschen Innenministerium nur 90.389 Flüchtlinge nach Deutschland. Das ist sehr weit von den Zahlen des Jahres 2015 entfernt. Aber Seehofer kann diese Niederlage nicht verwinden. Er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Obergrenze nicht vorkomme, verkündete er noch Ende 2016 mit Blick auf die Bundestagswahl am 24. September. Doch dann schaffte es die Obergrenze nicht mal in das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU, sondern wurde in den "Bayernplan" der CSU – das Wahlprogramm für die Landtagswahl 2018 – verräumt.

Und dann ist da ja noch die AfD, die Konservative in der CDU und auch in der CSU umgarnt. Sie ist ganz klar für eine Begrenzung in der Asylpolitik. Seehofer möchte an sie natürlich keine Stimmen verlieren. Doch im ARD-Sommerinterview sagte er, auf die Frage, ob er tatsächlich nur einen Koalitionsvertrag mit Obergrenze unterschreiben werde: "Nein, nein, so einfach ist Politik nicht. Die Situation hat sich verändert. Der Kurs in Berlin hat sich verändert. Wir haben jetzt deutlich weniger Zuwanderung als zu dem Zeitpunkt, wo ich dieses Zitat gebraucht habe." Dieses Jahr werde die Obergrenze wohl gar nicht erreicht. "Damit bin ich zufrieden."

Der Name ist egal

Prompt meldeten die Agenturen, Seehofer mache die Obergrenze nicht mehr zur Koalitionsbedingung.

Das passte dem Bayern auch wieder nicht. Klingt ja, als habe er klein beigegeben. Und er ließ kurz darauf verlauten, der Inhalt müsse stimmen: "Wenn anstelle der Obergrenze 'Kontingent' steht, das ist nicht mein Problem." Und er fügte hinzu: "Wir garantieren, dass dieser Dreiklang kommt: Humanität, Integration, Begrenzung. Wenn ich das sage, gilt das. Kein Abrücken von der Obergrenze. Die 200.000 bleiben." Regierung und Opposition – Seehofer schafft locker beides. Jetzt kann sich jeder was aussuchen, irgendwas wird am Schluss dann schon stimmen. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.8.2017)