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Donald Trump und Stephen "Steve" Bannon nach der Amtseinführung des US-Präsidenten im Jänner 2017. Sie bleiben auch nach Bannons Abgang aus dem Weißen Haus ein schlagkräftiges Paar.

Foto: REUTERS/Carlos Barria/

Trotz Chaos und Zickzacks lassen sich bei Donald Trumps Präsidentschaft bisher drei Phasen unterscheiden. Am Anfang gab es so etwas wie ein Regieren mittels Dekret. Trump setzte mediengerecht seine Unterschrift unter hübsche, in Leder gebundene Dokumente und verwechselte dies mit politischem Gestalten und sich offenbar mit einem Präsidenten nach russischem Vorbild. Bei der ersten Kompetenzüberschreitung stoppen ihn dann die Gerichte.

Da auch Obama diverse Vorhaben über Dekrete am widerborstigen Kongress vorbei umgesetzt hatte, konnte Trump zur Freude seiner Anhänger anfangs einiges davon abändern – eine Rekordanzahl an Deportationen und der angekündigte Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen waren die Folge.

Dennoch machten Trumps Unbeherrschtheit, die Unerfahrenheit seine Mitarbeiter und das allgemeine Durcheinander im Weißen Haus den Einstand der neuen Administration insgesamt wenig erfolgreich. Es folgten katastrophale Umfragewerte außerhalb der politischen Basis. Des Präsidenten immer tiefere Verstrickung in die Russland-Affäre tat ein Übriges. Für einen Befreiungsschlag und um seine breite Wählerkoalition bei Laune zu halten, brauchte es Erfolge in der Gesetzgebung. Immerhin hatte Trump im Wahlkampf die Erwartungen sehr hoch geschraubt.

Mangels politischer Strategie und ohne tieferes Verständnis für den Gesetzgebungsprozess blieb dem 45. Präsidenten nichts anderes übrig, als die politische Agenda seiner Partei im Kongress zu übernehmen. Dort hatten sich die Republikaner, so schien es, längst auf ein marktliberales Programm verständigt, brauchten aber einen willfährigen Mann im Weißen Haus, der die Gesetze auch unterschrieb und die ideologisch passenden Ernennungen bei den Bundesrichtern vornahm.

Stillschweigend tolerieren

Im Gegenzug würde man ihm einige weitgehend symbolische Zugeständnisse machen, etwa beim Ausbau von Grenzbefestigungen, und sein erratisches Verhalten stillschweigend tolerieren.

Die neoliberale Stoßrichtung der GOP, die innerhalb der Administration vor allem von Trumps Wirtschaftsberater Michael Cohen, Finanzminister Steven Mnuchin sowie von Schwiegersohn Jared Kushner verfolgt wurde, stieß jedoch beim populistischen Flügel um Stephen Bannon auf Widerstand. Letzterer sorgte sich um Trumps Popularität bei der Basis, da diese Wählergruppen von den geplanten Kürzungen besonders betroffen gewesen wären.

Teilentmachtung

Infolge wurde Bannon daher am Beginn dieser zweiten Phase der Trump-Administration teilentmachtet. Trump schlüpfte in eine Statistenrolle und ließ die republikanische Führung im Kongress an Gesetzesvorhaben basteln – allerdings nicht ohne gelegentliche destruktive Zwischenrufe.

Das überraschende Scheitern schließlich der Republikaner im Senat – vor allem des Parteiführers und vermeintlichen Meisterstrategen Mitch McConnell -, die vollmündig angekündigte neue Gesundheitsgesetzgebung zustande zu bringen, veranlasste Trump wohl zu einem neuerlichen Umdenken. Denn die Blamage der Mehrheitspartei lässt für die anstehenden noch umstritteneren Projekte wie die große Steuerreform zugunsten der Wohlhabenden nichts Gutes erahnen. Weitere legislative Erfolge scheinen nun plötzlich in weiter Ferne, und im September droht außerdem der Showdown ums Budget.

Vor diesem Hintergrund begann Trump wieder einen Strategiewechsel. Er griff McConnell ob dessen Versagen via Twitter scharf an, kritisierte seine eigene Partei und besann sich jener nationalistischen Rhetorik, die für ihn bereits im Wahlkampf so erfolgreich waren. Ohne Absprache mit den Militärs kündigte Trump an, Transgender-Wehrdiener aus der Armee zu werfen. Auch die markigen Sprüche gegenüber Nordkorea waren kaum verhüllte Signale an seine Basis, die Führungsstärke und nationale Gesinnung ausdrücken sollten.

Trumps Aussagen nach dem Neonaziaufmarsch in Charlottesville – immerhin unterstützt von 67 Prozent der republikanischen Wählerschaft – zielen in die gleiche Richtung. Mit Kulturkampfthemen können Trump und Bannon von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der republikanischen Politik ablenken und gleichzeitig die Demokraten als Vertreter der Interessen liberaler, städtischer und elitärer Klüngel vorführen, denen es vor allem um Minderheitenthemen und politische Korrektheit geht.

Gleichzeitig kann sich der Präsident so auch von den Folgen der marktliberalen Politik seiner eigenen Partei politisch etwas abkoppeln; so sagte Bannon bereits, dass man den Sumpf in Washington eben erst trockenlegen wird, wenn Trump und seine Bewegung beim nächsten Mal stärker sein werden.

Von den Fesseln befreit

Wie passt es nun, dass ausgerechnet Bannon letzte Woche zurückgetreten ist? Der zu ziehende Schluss ist nicht, dass die Ära Bannon vorbei ist, sondern im Gegenteil, dass Bannon von außen als Chef des Mediums Breitbart, Kampforgan der Alt-Right-Bewegung, und unterstützt von der Milliardärsfamilie Mercer, dem Präsidenten und seiner Wählerbewegung viel eher helfen kann. Vor allem kann Bannon befreit von den Fesseln eines hohen Amtes, seine partei- und regierungsinternen Widersacher viel effektiver bekämpfen als innerhalb der Administration.

Trump wiederum kann den zu erwartenden parteiinternen Showdown zwischen Marktliberalen und Rechtspopulisten abwarten, um sich dann auf die Seite der jeweiligen Gewinner zu schlagen. Außerdem bleibt er das Zünglein und somit der entscheidende Machtfaktor an der republikanischen Waage. (Reinhard Heinisch, 23.8.2017)