Die Speerspitze von Trumps Anti-Iran-Trupp: Uno-Botschafterin Nikki Haley war am Mittwoch in Wien bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), um mehr Druck auf den Iran zu verlangen.

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Wien – Zweimal hat die US-Regierung von Donald Trump, seitdem dieser im Amt ist, dem Iran bereits bescheinigt, den 2015 abgeschlossenen Atomdeal mit der internationalen Gemeinschaft einzuhalten. Wie die USA dabei in beiden Fällen vorgegangen sind, hat jedoch schon einen ironischen Namen. "Waive and slap": zuerst die Aufhebung der im Zusammenhang mit dem Atomstreit erlassenen Iran-Sanktionen bestätigen – aber eine saftige Watschen für den Iran folgen lassen, bestehend aus neuen Strafmaßnahmen in anderen Belangen.

Aber das muss nicht so bleiben, es könnte auch nur das "slap" übrigbleiben. Immerhin hat Trump während seines Wahlkampfes wiederholt angekündigt, den seiner Meinung nach für die internationale Gemeinschaft katastrophal schlechten Iran-Deal "zerreißen" zu wollen. Bei aller prinzipiellen Kritik am Iran sind Trumps Außen- und Verteidigungsminister sowie sein Sicherheitsberater jedoch bisher eher der Meinung, dieser Deal – der Irans Atomprogramm beschränkt – sei besser als gar keiner.

Der nächste "Waiver" steht im Oktober an, und der Meinungsfindungsprozess davor tritt nun offenbar in eine entscheidende Phase: Trumps Botschafterin bei der Uno in New York, Nikki Haley, eine der schärfsten Iran-Kritikerinnen der Regierung, besuchte am Mittwoch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien – um sich über die Inspektionen im Iran zu informieren, wie es heißt, aber auch, um die IAEA aufzufordern, ihr Mandat im Iran aufs Äußerste auszureizen.

Die Washington Post zitierte Haley vor ihrer Reise nach Wien mit der Aussage, die Trump-Regierung sei nicht auf der Suche nach einem Vorwand, um den Iran-Deal aufzukündigen. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, sie suche nach "Fakten". Der Iran zeigte sich besorgt. In einem Brief an IAEA-Chef Yukiya Amano beklagte der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif, der Besuch Haleys diene allein dem Zweck, Zweifel am JCPOA zu säen. JCPOA, Joint Comprehensive Plan of Action (Gemeinsamer Umfassender Aktionsplan), ist der sperrige offizielle Name des Atomdeals.

Der Iran "verletze den Geist des Abkommens", ist eine häufig gebrauchte Formulierung von US-Politikern – genau das Gleiche wirft der Iran den USA vor. Äußerungen von iranischen Offiziellen, die vor dem Zusammenbruch des Deals warnen, würden oft des Kontexts beraubt, so die Sicherheitsexpertin Ariane Tabatabai (Georgetown University) auf Twitter: Was im Original mit "wenn die USA den Deal aufkündigen" versehen ist, bleibt als iranische Drohung übrig, von sich selbst aus den Deal aufzulösen.

So erging es laut Tabatabai Ali Akbar Salehi, dem Leiter der iranischen Atombehörde, der sagte, der Iran könne innerhalb von fünf Tagen die Anreicherung auf 20 Prozent – die unter dem Atomdeal eingestellt ist – wiederaufnehmen. Haley, der Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur nachgesagt werden, reagierte darauf mit einer scharfen Warnung: Teheran dürfe nicht gestattet werden, mit dem Atomdeal die Welt in Geiselhaft zu nehmen. Der Atomdeal dürfe nicht "too big to fail" werden.

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Da dem Iran bisher keine wirkliche Verletzung des Buchstaben des Vertrags nachgewiesen werden kann, könnte sich die Trump-Regierung vermehrt den Fragen widmen, die ihrer Meinung nach ins Abkommen gehört hätten: so wie das iranische Raketenprogramm, in dessen Zusammenhang die USA ihre jüngsten neuen Sanktionen verhängten.

Die USA scheinen auch entschlossen, Fragen nach iranischen nuklearen Aktivitäten in der Vergangenheit zu nutzen, um den Druck zu erhöhen. Es stimmt, dass sich die Verhandler des JCPOA darauf konzentrierten sicherzustellen, dass der Iran in der Gegenwart und in der Zukunft keine Technologien verfolgt, die im Zusammenhang mit einem Atomwaffenprogramm stehen könnten. Aber wer einmal geschwindelt habe, könne es wieder tun, sagte Haley sinngemäß in einem Interview mit Reuters: Die IAEA müsse deshalb iranische Militäranlagen inspizieren.

Der IAEA wurde in ihrer Geschichte immer wieder vorgeworfen, sich von Mitgliedstaaten täuschen zu lassen, die verdeckte Atomwaffenprogramme verfolgen. Im Falle des Iran hat die IAEA durch den Atomdeal genau vorgegebene – erweiterte – Regeln. Der JCPOA wurde auch vom Uno-Sicherheitsrat abgesegnet und somit zum internationalen Recht. (Gudrun Harrer, 24.8.2017)