Wien – Fans des gepflegten Verkehrsfunks im Radio hören regelmäßig von ihr: Es ist dann der Fall, wenn es sich wieder einmal ordentlich auf der Wiener Südosttangente (A23) staut – und die Verkehrskolonne auf der meistbefahrenen Autobahn Österreichs etwa vom Knoten Prater bis zur so bezeichneten "gesperrten Ausfahrt Simmering" zurückreicht.

Diese Ausfahrt existiert und wurde tatsächlich gebaut: Sie liegt zwischen der Abfahrt auf den Verteilerkreis Favoriten und der Abfahrt Gürtel/Landstraße. Die Ausfahrt Simmering als "gesperrt" zu bezeichnen ist freilich ein Euphemismus: Denn sie wurde – nach vollständiger Errichtung der Auf- und Abfahrtsrampen inklusive Brücken, Leitschienen und Lichtmasten – nie eröffnet.

Die Foto- und Videoaufnahmen sind mit freundlicher Unterstützung der Asfinag entstanden.
DER STANDARD

Hier sollte eigentlich ein großer Verkehrsknotenpunkt entstehen: Planungen von 1978 sahen vor, die Südostautobahn (A3) vom Knoten Eisenstadt mit der Südosttangente zu verbinden. Nach Bürgerprotesten eines örtlichen Kleingartenvereins und aus Kostengründen wurde das Vorhaben verworfen, der Knoten war da aber schon um viel Geld errichtet worden. Wie viel dieser genau gekostet hat, konnte selbst ein Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2013 nicht mehr eruieren.

Funktion als Betriebsumkehr

Planungen von 1978 sahen vor, die Südostautobahn (A3) vom Knoten Eisenstadt mit der Südosttangente zu verbinden. Die A3 endete später aber bei der A2 (Knoten Guntramsdorf).
Maria von Usslar

Ganz nutzlos ist die Ausfahrt aber nicht, auch wenn die Auf- und Abfahrtsrampen keine Verbindungen zum untergeordneten Straßennetz aufweisen und – wie ein Lokalaugenschein des STANDARD zeigt – ins Niemandsland führen. Die Asfinag funktionierte den geplanten Knoten zur Betriebsumkehr um. Sprich: Einsatzfahrzeuge können hier abfahren und ohne große Umwege gleich wieder auf die Gegenfahrbahn auffahren.

Die Tangentenabfahrt zwischen den Exits Favoriten und Gürtel/Landstraße wurde 1978 errichtet – und nie eröffnet.
Maria von Usslar

Noch heute wird diese von der Autobahnmeisterei, vom Winterdienst samt Räumfahrzeugen sowie von Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, Polizei und Rettung genutzt, wie eine Sprecherin mitteilte.

Auf den holprigen Straßen beim geplanten Autobahnknoten werden auch Pannenfahrzeuge abgestellt, wenn diese schnell von der Tangente entfernt werden müssen. Die Polizei lässt auch Lkws, die sich bei Kontrollen als nicht fahrtauglich erweisen, hierherschleppen. Zudem wird hier auch Baumaterial gelagert.

Baumaterial, das etwa bei der jüngsten Sanierung der Praterbrücke zum Einsatz kam, wurde hier gelagert.
Maria von Usslar

Die Funktion der Betriebsumkehr soll die gesperrte Ausfahrt Simmering weiter erfüllen. 2018 werden auf den Rampen Sanierungsarbeiten durchgeführt, die Lärmschutzwände werden erneuert. Zusätzlich soll eine legale Verbindung von der Ausfahrt in das untergeordnete Verkehrsnetz hergestellt werden.

Auf- und Abfahrt via Quellenstraße

Diese sollen aber nur Einsatzfahrzeuge – also neben der Asfinag auch Feuerwehr, Polizei und Rettung – nützen können, wie der STANDARD in Erfahrung bringen konnte. Die schnellen Auf- und Abfahrten auf die Südosttangente sollen von der Quellenstraße aus ermöglicht werden. Dazu sind noch Bauarbeiten nötig: Geplant sind laut Asfinag große Tore in der Lärmschutzwand, damit könne eine limitierte Zufahrt sichergestellt werden.

Für eine Kostenplanung sei es "noch zu früh". Das Vorhaben sei aber definitiv "kein Testlauf" für eine allgemeine Öffnung, wurde vonseiten der Asfinag versichert. Denn alle nicht mehr benötigten Verkehrsflächen sollen im Zuge der Sanierungsarbeiten rückgebaut werden. Das geschehe "aus Gründen der Wirtschaftlichkeit", verwiesen wurde auf Instandhaltungs- und Sanierungskosten.

Verkauft werden sollen zudem "Flächen im Betriebsumkehrbereich, welche nicht mehr für den verkehrlichen Nutzen benötigt werden". Einer immer wieder angedachten Realisierung der Autobahnabfahrt für den Verkehr wird damit eine klare Absage erteilt.

Das Vorhaben, die Auf- und Abfahrt für Einsatzfahrzeuge via Quellenstraße auf die A23 zu ermöglichen, ist laut Asfinag "kein Testlauf" für eine allgemeine Öffnung.
Maria von Usslar

Bezirks-ÖVP will Öffnung

Diese Forderung ist von Georg Keri, ÖVP-Klubchef im Bezirk Landstraße, "nach wie vor aufrecht". Der Grund: Der Bezirk bekomme den meisten Verkehr ab, die Abfahrt würde den Dritten entlasten. Im Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) heißt es dazu, dass es vonseiten der Politik keine Pläne gebe, die Ausfahrt zu öffnen.

Dabei wollten Asfinag und Stadt Wien noch bis vor einigen Jahren die Abfahrt Simmering aktivieren und entlang der Ostbahn zur Wienerbergstraße (B 225) ausbauen. 2006 wurden sogar Lärmschutzwände auf Teilen der ungenützten Auf- und Abfahrtsrampen um 260.000 Euro errichtet. Im April 2007 folgte aber der Projektstopp durch die Asfinag: Bis dahin fielen alleine an Projektkosten 573.000 Euro für die Verbindung Autobahn-Bundesstraße an.

Der Rechnungshof (RH) bezeichnete in einem Bericht 2013 die Ausgaben für die Lärmschutzwände auf den Rampen als "verlorenen Aufwand". Diese seien "nicht erforderlich" gewesen.

Der Rechnungshof (RH) bezeichnete in einem Bericht 2013 die Ausgaben für die Lärmschutzwände auf den Rampen als "verlorenen Aufwand".
Maria von Usslar

Zwei Untersuchungen, unterschiedliche Ergebnisse

Einer der Gründe für den Projektstopp war kurios: 2003 kam eine Verkehrsuntersuchung zu dem Ergebnis, dass die Abfahrt Simmering zu einer Entlastung der Bitterlichstraße führen würde. Eine Empfehlung zum Ausbau wurde ausgesprochen. Eine weitere Untersuchung der Asfinag nur drei Jahre später kam jedoch zum genau gegenteiligen Ergebnis.

Die gesperrte Abfahrt Simmering bleibt somit weiter Einsatzfahrzeugen vorbehalten. Außerdem kann das Areal von Filmteams gemietet werden, wenn diese für einen Actiondreh auf der Suche nach einem leeren Autobahnabschnitt sind. Sie werden genau das vorfinden. (23.8.2017, Text: David Krutzler, Video: Maria von Usslar)