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Vitali Tschurkin, russischer Botschafter bei den Vereinten Nationen.

Foto: AP Photo/John Minchillo, File

Erschossen, plötzlich erkrankt, tot aufgefunden: Dass Diplomaten auch sterben, ist an sich nichts Ungewöhnliches – doch die Häufung jüngster Todesfälle russischer Botschafter und manche ihrer Umstände klingt für viele verdächtig.

Erst am Mittwoch verstarb Mirgajas Schirinski, russischer Botschafter im Sudan, an einem Herzanfall. Er wurde tot im Pool der Botschaftsresidenz in Khartum gefunden. Das Ableben Schirinskis ist allerdings nur der vorläufig letzte Vorfall in einer ganzen Reihe von Todesfällen von russischen Diplomaten, Politikern und Ex-Geheimdienstagenten. Allein seit November 2016 sind acht russische Diplomaten ums Leben gekommen.

  • 23. August 2017: Mirgajas Schirinski, russischer Botschafter im Sudan
    Laut er dem Sender Russia 24 erlitt der 62-jährige Arabist während des Schwimmens im Swimmingpool seiner Residenz einen Herzanfall. Die zu Hilfe gerufenen Notfallmediziner konnten sein Leben nicht mehr retten. Die sudanesischen Behörden haben einen Mordanschlag ausgeschlossen, berichteten russische Medien. Kollegen erzählten Reportern, der Botschafter habe an Bluthochdruck gelitten. Die Tagestemperaturen in der sudanesischen Hauptstadt Khartum steigen im Sommer regelmäßig über 40 Grad.

  • 27. März 2017: Nikolai Wolkow, russischer Regierungsbeamter
    Am 27. März wurde mit Nikolai Wolkow ein russischer Regierungsbeamter des Innenministeriums in Moskau erschossen. Laut russischen Behörden wurde er Opfer eines Raubes.

  • 23. März 2017: Denis Woronenkow, russischer Politiker
    Vor einem Kiewer Hotel wurde der Politiker Denis Woronenkow erschossen. Woronenkow floh im Oktober 2016 aus Russland in die Ukraine, zuvor kritisierte er den russischen Staatspräsdienten Waldimir Putin scharf. Er galt auch als Gegner der russischen Einmischungsversuche in der Ukraine und sagte in einem Gerichtsverfahren gegen den ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch aus. Die Ukraine sprach nach dem Schussattentat von "russischen Staatsterrorismus". Russland dementiert jegliche Involvierung.

  • 20. Februar 2017: Vitali Tschurkin, russischer Botschafter bei den Vereinten Nationen
    Einem Herzanfall fiel Vitali Tschurkin, Russland-Botschafter bei den Vereinigten Nationen in New York, zum Opfer. Laut einer Stellungnahme der ständigen Vertretung Russlands bei den Vereinten Nationen in New York starb der 64-Jährige in seinem Büro.

  • 26. Jänner 2017: Alexander Kadakin, russischer Botschafter in Indien
    Ende Jänner verstarb Alexaner Kadakin, russischer Botschaft in Indien, im Alter von 67 Jahren. Laut einer Stellungnahme gegenüber Medien starb der Botschafter nach einer kurzen, nicht genauer definierten Krankheit.

  • 9. Jänner 2017: Andrej Malanin, russischer Diplomat in Athen
    Anfang des Jahres wurde Andrej Malanin, Chef der Konsularsektion der russischen Botschaft in Athen, tot aufgefunden. Die Polizei fand den leblosen Körper des 55-Jährigen in seiner Wohnung, nachdem ihn Arbeitskollegen mehrere Tage nicht mehr sahen. Als Todesursache wurde später ein Herzinfarkt bekanntgegeben.

  • Dezember 2016: Roman Skrylnikow, russischer Botschaftsangestellter
    Ende Dezember wurde der Körper von Roman Skrylnikow, einem Angestellten im russischen Konsulat in Kasachstan, in seiner Wohnung gefunden. Als Todesursache wurde von den Behörden Herzinfarkt angegeben.

  • 26. Dezember 2016: Oleg Erowinkin, mutmaßlicher russischer Geheimdienstmitarbeiter
    Ende 2016 wurde Oleg Erowinkin leblos in seinem Auto sitzend aufgefunden. Eine offizielle Todesursache des 61-Jährigen wurde nicht bekanntgegeben.
    Erowinkin war ehemaliger General im russischen Geheimdienst FSB und Stabschef bei Igor Setschin, dem Chef des russischen Erdölunternehmens Rosneft.

  • 19. Dezember 2016: Andrej Karlow, russischer Botschaft in der Türkei
    Wenige Tage zuvor wurde Andrej Karlow, russischer Botschafter in der Türkei, von einem türkischen Sicherheitsbeamten erschossen. Als Tatmotiv nannte der Attentäter das russische Engagement in Syrien.

  • 19. Dezember 2016: Petr Polschikow, russischer Diplomat
    Am gleichen Tag wurde der 56-jährige russische Diplomat Petr Polschikow in seiner Wohnung in Moskau erschossen. Lokalen Medienberichten zufolge fand ihn seine Frau mit einem Polster über dem Kopf. Wie russische Medien berichten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums, dass Polschikows Tod nichts mit seinem Beruf zu tun gehabt habe.

  • 8. November 2016: Sergej Kriwow, russischer Konsularbeamter in New York
    Anfang November wurde ein lebloser Körper vor dem Gebäude des russischen Konsulats in New York gefunden. Sergej Kriwow starb noch an Ort und Stelle. Der Mitarbeiter des russischen Konsulats soll für die Sicherheit des Konsulatsgebäudes verantwortlich gewesen sein.
    Die Umstände seines Todes sind mysteriös, zunächst hieß es, Kriwow sei gestürzt und habe eine Kopfwunde erlitten. Dann wurde als Todesursache ein Herzinfarkt angegeben. Dass sein Tod überhaupt bekannt wurde, liegt an einem anonymen Tipp, den eine Reporterin von Buzzfeed im Februar bekommen hat.


Geringe Lebenserwartung

Die schiere Anzahl an toten Diplomaten lässt Verschwörungstheorien aufblühen. Die Informationspolitik russischer Behörden, die nicht immer offensiv ist, leistet dem oft Vorschub.

Von Verschwörungstheoretikern übersehen wird, dass die durchschnittliche Lebenserwartung russischer Männer mit rund 66 Jahren zu den geringsten in Europa gehört – rund die Hälfte aller Todesfälle in Russland sind Folge einer Gefäß- oder Herzerkrankungen. Auch die Todesfälle russischer Diplomaten sind großteils auf natürliche Umstände – viele Botschafter verstarben im fortgeschrittenen Alter – zurückzuführen, bei anderen bleiben aber bis heute Fragen offen

Trotzdem fragen sich nicht nur Verschwörungstheoretiker, warum in so kurzer so viele Menschen mit Verbindungen zum russischen Staatsapparat verstorben sind.

TRexstasy

Der Ex-FBI-Agent und Berater für das Foreign Policy Research Institute, Clint Watts, sieht sogar einen Zusammenhang mit den Ermittlungen zur mutmaßlichen russischen Einmischung in die US-Präsidentschaftswahl.

Vor dem Geheimdienstausschuss des Senats sagte er im März 2017: "Die Spur, die wir verfolgen sollten, wäre, die Spur von toten Russen zu folgen. Es gab mehr tote Russen, die mit dieser Untersuchung in Verbindung stehen (...) die sogar in westlichen Ländern tot umfallen."

In einem Interview mit NPR konkretisiert Watts seine Vorwürfe: "Wenn man sich das vergangene Jahr ansieht, sehen wir eine Reihe von russischen Vertretern, die gestorben seien, einige aufgrund natürlicher Umstände, aber andere unter verdächtigeren Umständen." Beweise bleibt allerdings auch Watts schuldig. (red, 26.8.2017)