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Brutalität, Schikanen und Demütigungen: Der wegen rassistischer Polizeipraktiken verurteilte Ex-Sheriff Joe Arpaio (li., Archivbild von 2009) wird von US-Präsident Trump instrumentalisiert.

Foto: AP / Ross D. Franklin

Als er noch Sheriff von Phoenix, Arizona, war, stand auf einer Tafel in seinem Büro, dass man es hier mit dem härtesten Sheriff Amerikas zu tun habe. Die Insassen des Gefängnisses, das Joe Arpaio unterstand, hatten rosa Unterwäsche zu tragen. In den Zelten auf dem Gelände des Knasts herrschte von Mai bis September brütende Hitze, bisweilen weit über 50 Grad Celsius.

Wie zum Hohn ließ der Sheriff dazu den Wetterkanal laufen, Prognosen über angenehm kühle Sommertage in Kanada. Jäteten die Häftlinge irgendwo am Straßenrand Unkraut oder lasen Müll auf, waren sie – jeweils zu viert – aneinandergekettet wie die Sklaven einer Galeere. "I do it my way", schrieb Arpaio mit den Worten Frank Sinatras auf ein Brett in seinem Arbeitszimmer.

Tent City, die berüchtigte Haftanstalt, gibt es seit ein paar Monaten nicht mehr. Arpaio wurde abgewählt, nach 24 Jahren auf dem Posten des Sheriffs von Maricopa County – ausgerechnet am 8. November 2016, als Donald Trump das Präsidentschaftsvotum gewann. Nun steht er, 85 Jahre alt, erneut im Rampenlicht, die Symbol- und Reizfigur einer Debatte über Pro und Kontra einer restriktiveren Einwanderungspolitik.

Ein Richter hatte ihn – da war er noch in Amt und Würden – angewiesen, seine diskriminierenden Kontrollen einzustellen; Kontrollen, in deren Fokus vor allem Latinos gerieten. Wegen Missachtung des Gerichts drohen ihm bis zu sechs Monate Haft, wenn im Oktober über das Strafmaß entschieden wird. US-Hardliner verlangen einen Gnadenerlass, und der Präsident scheint geneigt, ihnen den Wunsch zu erfüllen. Zumindest spielt Trump mit dem Gedanken – sei es auch nur, um seine Anhänger mangels substanzieller Erfolge mit einem symbolischen Akt zufriedenzustellen.

Donald und Joe

"Wurde Sheriff Joe dafür verurteilt, dass er seinen Job gemacht hat?", fragte er diese Woche, eher rhetorisch, während einer Kundgebung in Phoenix. "Wisst ihr was? Ich wage eine Prognose. Ich glaube, es wird ihm gutgehen. Sheriff Joe darf sich gut fühlen."

Es ist neun Jahre her, da sammelte der frühere Drogenfahnder 60 Freiwillige, um um 02.00 Uhr nachts im Rathaus der Kleinstadt Mesa eine Razzia zu starten, auf der Suche nach Menschen, die ohne gültige Papiere ins Land gekommen waren. Es endete mit der Festnahme dreier verstörter Putzfrauen. Später wies er seine Leute an, Autofahrer, die aussehen, als stammten sie "aus Mexiko, El Salvador oder Guatemala", anzuhalten, um ihre Papiere zu überprüfen – auf den bloßen Verdacht hin, dass es sich um illegal Eingewanderte handeln könnte.

Ein solches "Racial Profiling" ist in den USA verboten, weshalb ein Bundesrichter in Phoenix gegen Arpaio entschied. Der wiederum sprach, statt sich dem Urteil zu fügen, von lächerlichem Unfug und machte ungerührt weiter.

Als Trump praktisch mit Beginn seines Wahlkampfes nach Arizona flog, um seiner Forderung nach dem Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze Nachdruck zu verleihen, wurde der alte Mann zur Galionsfigur seiner Kampagne. Sheriff Joe – der Patriot in der Wüste. "Ohne dich, Joe, hätte ich das nicht geschafft", bedankte sich Trump, nachdem er das Vorwahlduell der Republikaner in Arizona gewonnen hatte.

Kein Wunder, dass sich heftiger Streit entzündet hat an der Causa eines Gnadenerlasses. Die Bürgerrechtsliga ACLU spricht von "präsidentieller Billigung des Rassismus": Sie sammelt Unterschriften für eine Petition ans Weiße Haus. Andererseits gibt es Verehrer Arpaios, die bereit sind, umgerechnet knapp 3400 Euro zu zahlen, um mit ihrem Idol in die Normandie zu reisen und der Landung der Alliierten zu gedenken. Ursprünglich für Oktober geplant, soll der Trip, so Arpaio, auf die Tage nach Neujahr verschoben werden. Zumindest vorläufig.(Frank Herrmann aus Washington, 25.8.2017)