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Das Gemälde von Conrad Wise Chapman stammt aus dem Jahr 1863 und zeigt die H. L. Hunley vor ihrem Stapellauf.
Foto: AP/Museum of the Confederacy, Alan Thompson

Durham/Wien – Die erste U-Boot-Mission der Geschichte, bei der ein feindliches Schiff im Kriegseinsatz versenkt wurde, war ein Himmelfahrtskommando unter albtraumhaften Bedingungen: Die acht Mann starke Besatzung der H. L. Hunley hat mit Sicherheit Todesängste ausgestanden, als sie im amerikanischen Bürgerkrieg aufseiten der Südstaatenarmee mitten in der Nacht losgeschickt wurde, um mit der neuen Geheimwaffe die Seeblockade von Charleston durch Schiffe der Nordstaaten zu durchbrechen.

Dicht gedrängt kauerten die Soldaten gebückt in einem zwölf Meter langen und 1,2 Meter schmalen Eisenrohr und mühten sich bei Kerzenlicht ab, das tonnenschwere Unterwassergefährt per Handkurbel zu ihrem Ziel, der USS Housatonic, zu manövrieren. Das Entsetzen war völlig berechtigt, immerhin war das von Horace Lawson Hunley 1863 entwickelte U-Boot zuvor bereits zweimal gesunken, wobei insgesamt 13 Menschen den Tod gefunden hatten, darunter auch sein Konstrukteur selbst.

Bis zu acht Soldaten fanden an der Handkurbel Platz, um das zwölf Meter lange U-Boot anzutreiben. Die Steuerung erfolgte mithilfe zweier Tiefen- und eines Seitenruders. Im Bug und im Heck befanden sich Ballasttanks, die geflutet und mit Handpumpen wieder geleert werden konnten.
Illustr.: U.S. Naval Historical Center

Tödlicher Erfolg

Zwar gelang es der Mannschaft am 17. Februar 1864 tatsächlich, einen Schwarzpulver-Sprengsatz in der Bordwand der Housatonic zu platzieren und damit das 62 Meter lange Dampfsegelschiff zu versenken. Allerdings bezahlten die Freiwilligen diesen Erfolg mit ihrem Leben: Das U-Boot sank und blieb bis zu seiner Wiederentdeckung 1995 in zehn Metern Tiefe vor der Küste von Sullivan's Island verschollen.

Als das Kriegsrelikt schließlich im Jahr 2000 gehoben wurde, erhoffte man sich eine Bestätigung der bis dahin gängigen Theorie, wonach die Hunley leckgeschlagen und ihre Besatzung ertrunken sei. Unerklärlicherweise jedoch befanden sich alle Männer noch mehr oder weniger auf ihren Plätzen. Keiner hatte in Panik zu entkommen versucht, nichts deutete darauf hin, dass die Mannschaft um ihr Leben gekämpft hatte. Darüber hinaus waren an den Knochen auch keine erkennbaren Verletzungen festgestellt worden. Was also hat die Soldaten so plötzlich umgebracht?

Video: Blick ins Innere der H. L. Hunley.
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Massive Schockwellen

Dieses Rätsel könnte nun von einem Team um Rachel Lance von der Duke University (North Carolina) gelöst worden sein: Bei Experimenten mit einem zwei Meter langen sensorbestückten Modell der H. L. Hunley in einem Wasserbecken stellten die Forscher fest, dass das U-Boot bei der Explosion des Sprengsatzes offenbar einer massiven Schockwelle ausgesetzt war.

"Die Druckwellen von Explosionen breiten sich unter Wasser bedeutend effizienter aus als in der Luft", meint Lance. Der Sprengsatz der Hunley, ein sogenannter Spierentorpedo, war an einer leicht abwärts geneigten meterlangen Stange vor dem Gefährt angebracht. Als er gezündet wurde, traf die Schockwelle das U-Boot daher vermutlich von allen Seiten.

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Die völlig verrosteten Überreste der H. L. Hunley wurden im Jahr 2000 geborgen und zur Restaurierung in einen Spezialtank des Warren Lasch Conservation Center in North Charleston, South Carolina, überführt.
Foto: REUTERS/Randall Hill

Die Wucht der Detonation ließ die Hülle des Unterwassergefährts demnach zwar unversehrt, führte bei den Männern im Inneren jedoch zu einem tödlichen Lungentrauma, schreiben die Wissenschafter im Fachjournal "Plos One". Möglicherweise könnte auch das Gehirn der Männer von der Druckwelle betroffen gewesen sein. "An solchen Weichteilverletzungen stirbt man sofort – es ist unwahrscheinlich, dass die Besatzung überhaupt realisiert hat, was ihr zugestoßen ist", sagt Lance. (tberg, 24.8.2017)