Wegen der Krise rund um die Minderheit der Rohingya sind zahlreiche Soldaten Myanmars nahe der Grenze zu Bangladesch postiert.

Foto: APA / AFP / Hla Hla Htay

Aung San Suu Kyi wird kritisiert, weil auch unter der von ihr geführten Regierung die Gewalt gegen die Rohingya nicht zurückgegangen ist.

Foto: APA / AFP

Rangun – Bei koordinierten Angriffen auf 30 Polizeiwachen und eine Kaserne im südostasiatischen Staat Myanmar sind nach offiziellen Angaben mindestens 77 Aufständische und zwölf Sicherheitskräfte getötet worden. Die Armee machte am Freitag Angehörige der muslimischen Rohingya-Minderheit für die Attacken verantwortlich. Auch die Untergrundgruppe Arsa bekannt sich zu den Taten und drohte mit weiteren Aktionen.

Den Streitkräften zufolge begann die Offensive in der Nacht. Laut Angaben aus Militärkreisen nahmen etwa 1000 Aufständische teil. Dabei hätten sie selbst gebaute Bomben, Kleinwaffen, Stöcke und Schwerter eingesetzt. Auch Brücken seien gesprengt worden. Eine weitere Angriffswelle ereignete sich demnach wenige Stunden später. Am Freitagabend dauerten die Gefechte an einigen Stellen noch an. Die Berichte über Opfer- und Kämpferzahlen sowie zum Ablauf des Geschehens stammen vonseiten der Regierung. Eine unabhängige Bestätigung ließ sich vorerst nicht einholen.

"Staatenlose" Minderheit

Mit den Zwischenfällen im Unruhestaat Rakhine im Nordwesten des Landes eskaliert der Konflikt zwischen den Sicherheitskräften des überwiegend buddhistischen Staates und den Rohingya weiter.

Kritiker der Regierung in Myanmar haben schon lange vor einer Verschärfung der Lage gewarnt. Die schätzungsweise 1,1 Millionen Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya haben keine Staatsbürgerschaft Myanmars. Ihnen wird oft vorgeworfen, illegal aus Bangladesch eingewandert zu sein. Die Rohingya leben jedoch in den allermeisten Fällen seit Generationen im Land und machen geltend, seit Jahrhunderten in der Region verwurzelt zu sein.

Auch die Regierung Myanmars betrachtet sie als illegale Einwanderer aus Bangladesch. Sie wird dabei von Gruppen radikaler Buddhisten unterstützt, immer wieder kommt es zu Übergriffen auf Rohingya. Auch die neue, demokratisch gewählte Regierung, die von der einstigen Demokratieaktivistin Aung San Suu Kyi kontrolliert wird, hat bisher daran wenig geändert.

Schwere Vorwürfe gegen Soldaten

Ende 2016 soll es zu pogromartigen Vorfällen gekommen sein. Laut Menschenrechtsgruppen verübten Soldaten in Reaktion auf Ausschreitungen Vergewaltigungen und Morde an Zivilisten und sollen ganze Dörfern mitsamt ihren Bewohnern niedergebrannt haben.

Die Mitglieder der Volksgruppe selbst gelten in ihrer großen Mehrheit nicht als radikal. In den vergangenen Monaten haben allerdings bewaffnete Gruppen Zulauf gefunden. Ihre Ziele sind vorrangig politisch. Allerdings wird befürchtet, dass sie sich in der Zukunft auch radikalreligiösen Gruppen zuwenden könnten. Die Gruppe, die sich zu den aktuellen Angriffen bekannt hat, nennt sich Harakah al-Yaqin – "Bewegung des Glaubens".

Uno verurteilt Gewalt

Die Vereinten Nationen (UN) haben die Rohingya als eine besonders stark verfolgte Volksgruppe eingestuft, die praktisch keinerlei Verbündete hat. Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan riet der Regierung nach einer einjährigen Untersuchung, eine langfristige Lösung für den Bundesstaat Rakhine anzustreben. 66.000 Menschen seien wegen der Kämpfe nach Bangladesch geflohen, außerdem gebe es 22.000 Binnenflüchtlinge, teilte die Uno jüngst mit.

Die Uno verurteilte am Freitag auch die neuerliche Gewalt und forderten beide Seiten zum Dialog auf. Man sei über die Lage in Rakhine sehr besorgt, erklärte UN-Vertreterin Renata Lok-Dessallien. Sie forderte den Schutz von Zivilisten und die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung. (Reuters, red, 25.8.2017)