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Lee Jae-yong (hier zu Prozessbeginn) wurde zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt.

Foto: ap/Chung Sung-Jun

Seoul – Der Chef der südkoreanischen Samsung-Gruppe und Vice Chairman von Samsung Electronics, Lee Jae-yong, ist am Freitag wegen Korruption zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Nach Ansicht des Gerichts hat der Enkel des Firmengründers versucht, sich mit Schmiergeldzahlungen die politische Unterstützung der früheren Präsidentin Park Geun-hye zu sichern. Lee bestritt vor Gericht jegliches Fehlverhalten. Sein Anwalt hat Berufung gegen das Urteil angekündigt, das die Rolle der großen Unternehmer-Dynastien in Südkoreas Gesellschaft neu bestimmen könnte. Das Präsidialamt erklärte, das Urteil biete die Chance, die Verflechtung von Industrie und Politik zu zerschlagen, die die Wirtschaft blockiere.

In dem Verfahren wurde über sechs Monate ein Teil eines größeren Korruptionsskandals aufgearbeitet, in den auch Ex-Präsidentin Park und deren Vertraute Choi Soon Sil verwickelt sind. Park wurde nach wochenlangen Protesten abgesetzt. Gegen sie und Choi läuft ein separater Prozess.

Das Gericht stellte fest, dass Lee Schmiergeld in Millionenhöhe gezahlt habe, um die Zustimmung der Regierung zu einer wichtigen Fusion innerhalb der Samsung-Gruppe zu bekommen. Damit sollte die Kontrolle der Familie über den Mischkonzern gesichert werden. Außerdem wurde Lee wegen Veruntreuung, Meineids und wegen Versteckens von Vermögen im Ausland verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft gefordert.

Gegenwind für Industrie-Dynastien?

Lee, der Enkel des Samsung-Firmengründers, steht faktisch an der Spitze des Konglomerats, seit sein Vater Lee Kun-hee nach einem Herzinfarkt 2014 die Geschäfte nicht mehr führen kann. Die großen Industriedynastien – Chaebols genannt – haben eine entscheidende Rolle gespielt bei der Entwicklung Südkoreas von einem armen Land zu einer Industrie- und Hochtechnologiemacht. Ihre enge Verflechtung mit der Politik wurde deswegen jahrelang hingenommen; Korruptionsklagen endeten meist mit Begnadigungen.

Das Urteil und die fünfjährige Haftstrafe werden von Beobachtern als Zeichen gewertet, dass den Chaebols nun ein schärferer Wind ins Gesicht bläst. Ihnen wird vorgeworfen, die Wirtschaft heute eher zu bremsen und kleine Unternehmen sowie Start-ups zu behindern. Außerdem fordert die Gesellschaft mehr Transparenz und eine konsequente Bekämpfung der Korruption. Dies wurde in den Massendemonstrationen gegen Park deutlich.

Folgen noch nicht absehbar

Unklar ist bislang, was eine lange Haftstrafe Lees für die Samsung-Gruppe bedeutet, zu der neben dem Kernunternehmen Samsung Electronics unter anderem auch Versicherer, Werften, Bauunternehmen, eine Modefirma und Hotels gehören. Einige Anleger fürchten ein Machtvakuum und Verzögerungen bei strategischen Entscheidungen.

Präsident Moon Jae In, der bei seiner Wahl im Mai versprach, die Chaebols zu zügeln, sagte in einem Reuters-Interview im Juni, er glaube nicht, dass das Wohlergehen von Samsung nur von Lee abhänge. Er verwies darauf, dass die Kurse von Samsung-Aktien bei Lees Verhaftung in die Höhe gegangen seien. Nach der Urteilverkündung gab der Kurs von Samsung Electronics um mehr als ein Prozent nach. Auch die Kurse anderer Konzernfirmen fielen.

Wirtschaftlich läuft es momentan rund bei Samsung. Der anhaltende Boom bei Speicherchips hat dem Konzern im zweiten Quartal einen Rekordgewinn beschert. Trotz einer Delle im Smartphone-Geschäft schnellte das Betriebsergebnis um 73 Prozent auf umgerechnet 10,8 Milliarden Euro (14,1 Billionen Won) in die Höhe. (Reuters, 25.8.2017)